Text: Juliane Gringer
Fotos: Stefan Bungert, Digital Hub Logistics Hamburg, NautilusLog
PODCAST
Der Digital Hub Logistics Hamburg vernetzt seit zwei Jahren etablierte Unternehmen mit Start-ups sowie Akteuren aus Forschung und Bildung. Ein ehemaliges Lager in der Speicherstadt ist der Think Tank, in dem neue Ideen und Geschäftsmodelle für die Logistik der Zukunft entstehen.
Statt Anzug trägt Berg ein dunkelblaues Sweatshirt, auf dem über den nautischen Koordinaten der Hamburger Speicherstadt ein Schiffsknoten aufgezeichnet ist: Die Enden dieses Seils verwandeln sich zu einem Glasfaserkabel – Historie und Bodenhaftung treffen auf digitale Zukunft. Laut Berg ist Vernetzung einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren auf dem Weg in diese Zukunft. „Die erfolgreichen Player in der Logistik sind oft vollkommen von dem überzeugt, was sie tun, weil sie damit jahrzehntelang erfolgreich waren“, berichtet Berg. „Aber aufgrund der immer schnelleren Innovationszyklen und auch der disruptiven Kraft von digitalen Lösungen werden sie in den kommenden zehn Jahren nicht mehr ganz allein und mit ihren jetzigen Prozessen und Geschäftsmodellen genauso erfolgreich sein wie bisher. Deshalb ist es wichtig, zu sagen: Wir machen es jetzt mal anders! Zum Beispiel, indem man sich mit einem Start-up verbindet oder auch mit einem anderen Unternehmen – solange das kartellrechtlich möglich ist, vielleicht sogar mit einem Konkurrenten – und gemeinsam Neues entwickelt.“
»Unternehmen werden in den kommenden zehn Jahren nicht mehr ganz allein und mit ihren jetzigen Prozessen und Geschäftsmodellen so erfolgreich sein wie bisher.«
Johannes Berg, Geschäftsführer Digital Hub Logistics Hamburg
Zwölf Hubs in Deutschland
Der Hub ist Teil der nationalen Digital-Hub-Initiative, die an zwölf Kompetenzstandorten in Deutschland gezielt Unternehmen mit neuen Innovationspartnern aus Wissenschaft und Gründerszene vernetzt. Dortmund und Hamburg konzentrieren sich auf den Themenbereich Logistik. Mit Erfolg: In Hamburg wirken schon über 60 Newcomer-Firmen und knapp 30 Partner an dem Hub mit. Wer teilhaben will, der muss laut Berg „in irgendeiner Weise entlang der logistischen Wertschöpfungskette“ aktiv sein oder schon eine passende Idee mitbringen. Für den Arbeitsplatz bezahlt man eine monatliche Miete. In der Regel schicken die Unternehmen und Start-ups dann einzelne Mitarbeiter oder ganze Teams, die auf Zeit dort arbeiten. Zudem können Veranstaltungen dorthin verlegt werden, zum Beispiel Innovationsworkshops, Besprechungen oder Projekttreffen.




Ein Schreibtisch für den Wirtschaftssenator
Auch Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann hat im Hub einen eigenen Schreibtisch – den er auch tatsächlich ab und zu nutzt. „Man kann ihn dann einfach so ansprechen, das ist ein ganz entspannter Austausch“, berichtet Otto Klemke von NautilusLog. Der Kontakt zu Behörden und der Politik ist für ihn und sein junges Unternehmen besonders wichtig, denn er will „ein dickes Brett bohren“. Otto Klemke hat NautilusLog gemeinsam mit seinem Vater und einem Studienfreund gegründet. Die drei haben eine App entwickelt, die als digitales Logbuch für die Schifffahrt fungiert und nicht nur Reeder, sondern unter anderem auch Gutachter adressiert: Die Software trackt Schiffe und generiert automatisch Ereignisse und Aufgaben, erinnert zum Beispiel die Besatzung rechtzeitig vor Erreichen einer Emission Control Area daran, den Treibstoff zu wechseln, und dokumentiert alle relevanten Daten und Aktionen im digitalen Logbuch. „Wir machen mit unserem Unternehmen etwas, wofür es zuvor noch gar keine Regulation gab, und haben zum Beispiel über die DIN eine neue Norm geschrieben“, erklärt Klemke.
Das Netzwerk des Hubs ermöglichte Kontakte zu offiziellen Stellen, aber auch Einladungen zu Konferenzen sowie die Chance, Delegationen zu begleiten und Standorte in Asien und Amerika kennenzulernen. Klemke gefällt vor allem, dass alles immer hochprofessionell abläuft, aber gleichzeitig mit einer erfrischenden Lässigkeit, die die Kreativität aller Coworker im Hub fördert: „Es gibt hier keine Förmlichkeit, Hierarchien werden quasi aufgelöst – das ist sehr angenehm. Hier treffen die alte und die neue Logistikwelt aufeinander und inspirieren sich gegenseitig.“
»Hier treffen die alte und die neue Logistikwelt aufeinander und inspirieren sich gegenseitig.«
Otto Klemke, Geschäftsführer NautilusLog
Ein spannender Ort
Auch innerhalb des Hubs selbst hat sich NautilusLog bereits vernetzt und kooperiert mit Lufthansa Industry Solutions (LHIND). Die IT-Beratungsgesellschaft, 100-prozentige Tochter der Lufthansa, arbeitet intern im Konzern, führt aber auch extern Projekte in Branchen wie Automotive und Logistik durch. LHIND ist einer der Unternehmenspartner des Hubs, die dessen Arbeit unterstützen. „Für uns ist der Hub ein spannender Ort, weil es eines unserer Ziele ist, Start-ups zu scouten, um uns mit ihnen zu vernetzen. Und wir wollen einfach sehen und begleiten, was in dieser Szene passiert“, erklärt Dr. Moritz Schellenberger, Leiter Innovation Management. „Wir hätten in andere Coworking Spaces gehen können, aber gerade dieser hat uns gefallen, weil wir uns speziell für den Bereich Logistics und Mobility interessieren.“
In der Zwischenzeit haben sein Team und er nicht nur viele gute Kontakte knüpfen können. Auch der Ort selbst zieht sie immer wieder an: „Wir halten mittlerweile auch viele interne Veranstaltungen wie Design-Thinking-Workshops im Hub ab, weil die Atmosphäre ganz besonders ist.“ Wenn man für einen offiziellen Termin bei einem großen Unternehmen eingeladen sei, sei das immer „nicht sonderlich entspannt. Das wird im Hub komplett aufgebrochen. Und es ist schließlich wissenschaftlich erwiesen, dass die Umgebung, in der man arbeitet, einen direkten Effekt darauf hat, wie kreativ man ist“, so Schellenberger.
Die Freiheit, flexibel zu sein
Damit das Konzept aufgeht, müssen sich laut Berg alle Beteiligten trauen, sich auf das neue Arbeitsumfeld und die Ideen, die man hier vorfindet, einzulassen. Er freut sich dann mit den Unternehmen über ihre Erfolge: „Wenn etwa ein neues Unternehmen reinkommt und gleich innerhalb der ersten zwei Monate mit einem Start-up Prototypen entwickelt, dann ist das einfach fantastisch, das miterleben zu dürfen.“
Kooperation mit Wissenschaft und Forschung
Erfolgsfaktor: Leidenschaft
»Digitale Ideen kann man sehr gut umsetzen, indem man die erfahrenen Experten aus den Unternehmen mit der Kreativität und Geschwindigkeit eines Start-ups verbindet.«
Dr. Moritz Schellenberger, Leiter Innovation Management, Lufthansa Industry Solutions (LHIND)
Ein Leuchtturm für die Logistik
Auf Events ins Gespräch kommen
