Wenn der E-Lkw den Blaumann bringt

Lesezeit: ca. 5 Minuten
Text: Juliane Gringer
Fotos: Mewa

MEWA Textil-Service betreibt einen besonders nachhaltigen Sharing-Dienst für Berufsbekleidung und Putztücher. In Berlin nutzt das Unternehmen ab Januar die ersten beiden Modelle des BAX auf der Straße: Der 7,5-Tonner mit Elektroantrieb macht den Transport emissionsfrei und ermöglicht zusätzlich noch jede Menge Komfort für die Fahrer.

Wäschewechsel in einer Berliner Autowerkstatt: Der Fahrer der MEWA Textil-Service AG & Co. stoppt wie alle zwei Wochen vor der Tür, um dem Team einen großen Beutel frisch gewaschene Bundhosen und Hemden zu bringen. Die Textilien tragen alle das Logo des Kfz-Betriebs. Der Mewa-Fahrer hängt sie in die Umkleide der Werkstatt: Dort stehen eigene Schränke dafür bereit, und dank Barcodes ist immer klar, was zu welcher Person gehört. Den Beutel mit der Schmutzwäsche nimmt der Fahrer direkt wieder mit, zusammen mit dem Sicherheitscontainer, in dem gebrauchte Mewatex-Putztücher stecken. Die nutzen die Kunden, um Öle, Fette oder Lacke abzuwischen; diese Gefahrstoffe müssen fachgerecht entsorgt werden, auch wenn sie in Textilien stecken. Das übernimmt Mewa – und zwar überaus nachhaltig.

Nahezu perfekter Kreislauf

Denn die Tücher werden nicht weggeworfen, sondern gewaschen und wieder eingesetzt. Mewa-Gründer Hermann Gebauer entwickelte dieses Mehrwegsystem schon vor rund 115 Jahren und legte damit den Grundstein für eine gelebte Nachhaltigkeitskultur im Unternehmen: „Sie ist die DNA von Mewa“, erklärt Kay Simon, Leiter Mobilitätskonzepte bei Mewa. Von Abwasseraufbereitung über Mehrwegverpackungen bis zu nachhaltig angetriebenen Lieferfahrzeugen schöpft das Unternehmen bis heute die Potenziale zur Ressourcenschonung maximal aus. Mit seinem Sharing-Konzept erreicht es unter anderem Industrieunternehmen, Druckereien, Handwerksbetriebe, Supermärkte, den Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien, Apotheken, Arztpraxen, Pflegedienste und Rettungsdienste bis hin zu Service-Unternehmen, die Business-Kleidung wie Oberhemden und Anzüge mieten.

Die Textilien werden in hauseigenen Wäschereien wieder sauber. „Am Ende der Waschprozesse geht das Wasser in unsere Kläranlagen, in denen wir 99,8 Prozent der Schadstoffe herausfiltern können. Wir bereiten also auch unser Abwasser selbst auf“, so Simon. „Die ausgewaschenen Öle und Fette werden in unseren Blockheizkraftwerken wieder in neue Energie umgewandelt. Damit decken wir bis zu 80 Prozent des Energiebedarfs unserer Trockner und Waschstraßen“ Ein nahezu perfekter Kreislauf. Auch die Textilien selbst werden bewusst nachhaltig produziert: Das Putztuch, als Mehrwegprodukt konzipiert, wird aus hochwertiger Baumwolle in Deutschland hergestellt. Und im Bereich der Berufsbekleidung hat Mewa unter anderem 2021 mit „PEAK“ eine Kollektion herausgebracht, deren Gewebe zu einem großen Teil aus recycelten PET-Flaschen entstanden, besonders elastisch, atmungsaktiv und thermoregulierend ist.

Nächster Baustein: der BAX

Ein wichtiger neuer Baustein für die Nachhaltigkeit des gesamten Unternehmens wird der BAX sein, den BPW gemeinsam mit Paul Nutzfahrzeuge entwickelt hat: Mewa nutzt die ersten zwei Modelle dieser elektrisch angetriebenen 7,5-Tonner auf die Straße. Während der IAA Transportation in Hannover werden die Fahrzeuge übergeben, Mewa wird sie in Berlin fahren. „Von unserem Standort hinter dem Hauptstadtflughafen BER haben wir tägliche Touren von rund 150 Kilometern“, sagt Kay Simon. „Mit seiner Reichweite von gut 200 Kilometern passt der BAX hier optimal zu unseren Anforderungen. Mit ihm muss sich kein Fahrer sorgen, dass er es am Abend nicht wieder zurück an unseren Standort schafft – selbst wenn mal ein Stau oder eine Sperrung einen größeren Umweg nötig macht.“ Auch weitere Standorte sind geplant: Bald soll der BAX in fünf Metropolen für Mewa im Einsatz sein.

»Mit dem BAX haben wir ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug gefunden, das wunderbar zu uns passt und zum jetzigen Zeitpunkt für uns ein Benchmark darstellt, an das kein anderer Hersteller herankommt.«

Kay Simon, Leiter Mobilitätskonzepte, MEWA Textil-Service AG & Co.

Der Transport der Textilien zu den Kunden und die Abholung sind ganz wichtige Bestandteile der Dienstleistung von Mewa – und sie bestimmen wesentlich darüber mit, wie nachhaltig das Gesamtpaket ist. Das Unternehmen führt 700 Nutzfahrzeuge. „Für uns liegt die große Herausforderung darin, dass wir diese Flotte zeitnah transformieren müssen, ohne dass wir sofort alles austauschen können“, so Simon. „Wir müssen Stück für Stück entscheiden, welche alternativen Antriebe für uns sinnvoll sind, und gleichzeitig sehen, was der Markt uns bietet. Mit dem BAX haben wir ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug gefunden, das wunderbar zu uns passt und zum jetzigen Zeitpunkt für uns ein Benchmark darstellt, an das kein anderer Hersteller herankommt.“ Die drei Tonnen Nutzlast und die gut 200 Kilometer Reichweite des BAX seien für ihn die entscheidenden Eckdaten gewesen: „Das ist genau das, was wir brauchen und auch nirgendwo anders gefunden haben.“

Leise, vibrationsfrei – und keine Abgase mehr

Dabei denkt er auch daran, wie viele Vorteile der BAX den Fahrern bietet. „Ein E-Lkw hat sehr viel mehr Fahrkomfort: Es erzeugt keine Vibrationen mehr, es fährt superleise, und die Fahrer sind keinerlei Abgasen ausgesetzt. Die Rückmeldung unserer Teams ist, dass das ein sehr angenehmes Fahren ist.“ Mewa hat bereits mehrere eVitos im Einsatz, das sind die Elektro-Transporter von Mercedes-Benz. „Damit konnten wir bereits Erfahrungen sammeln“, sagt Kay Simon. „Mit dem BAX wollen wir diese Erfahrungen weiter ausbauen und Daten erheben, auf deren Basis wir dann weitere Entscheidungen treffen können – zum Beispiel darüber, welche Technologie für welchen Einsatzbereich am besten passt.“ Für die Aufbauten, die Mewa für den BAX ausgewählt hat, nutzt das Unternehmen auch recycelte Materialien, und sie bestehen aus Leichtbaukomponenten – das kann zusätzlich Energie und damit Kosten sparen.

Für Kay Simon ist der Antriebsstrang der Zukunft CO2-neutral – unabhängig von der Technologie. „Wir sind offen für alle Konzepte, verzichten nur ganz bewusst auf Brückentechnologie wie CNG, LNG oder Hybridfahrzeuge, weil wir wirklich rein CO2-neutrale Technologien nutzen wollen.“ Das bedeutet auch, dass die Elektrofahrzeuge im Fuhrpark mit Strom geladen werden, der nur aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge sieht Simon zum jetzigen Zeitpunkt allerdings vorwiegend im urbanen Raum. Für schwere Transporte auf der Langstrecke setzt Mewa auf wasserstoffgetriebene Fahrzeuge von Hyundai.

»Wir wollen möglichst bald sogar unter den TCO-Kosten von Lkw liegen, und das halte ich für durchaus realistisch.«

Kay Simon, Leiter Mobilitätskonzepte, Mewa Textil-Service AG & Co.

Kein „Feigenblattprojekt“

Den Faktor Wirtschaftlichkeit verliert Simon bei alldem nicht aus den Augen: „Ein Unternehmen nachhaltig zu führen, heißt auch, dass es langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein muss. Es ist klar, dass wir jetzt in neue, nachhaltige Fahrzeuge investieren müssen und dabei ist uns wichtig, dass wir die Gewinnschwelle in Sichtweite haben. Wir wollen möglichst bald sogar unter den TCO-Kosten von klassischen Diesel-Lkw liegen, und das halte ich für durchaus realistisch.“ Deshalb ist der Einsatz des BAX und anderer Fahrzeuge mit alternativen Antrieben für ihn auch alles andere als ein „Feigenblattprojekt“ oder „Marketing-Gag“, sondern als Startschuss in die Zukunft angelegt. „Wir haben bewusst Fahrzeuge und Technologien mit großem Potenzial ausgewählt, werden sie in unserem Alltag erproben, dann analysieren, wie sie sich bewähren, und die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen.“

In den Großstädten wächst durch Dieselfahrverbote, den Mangel an Parkraum und verstopfte Straßen der Druck auf Dienstleister wie Mewa. Das Unternehmen reagiert unter anderem mit einem neuen Distributionskonzept und nutzt Flächen in Parkhäusern, um dort Hubs zu installieren. In Hamburg und Berlin gibt es sie bereits: In den Tiefgaragen nehmen Lastenräder die Lieferungen auf und bringen sie ebenfalls CO2-neutral zu den Kundinnen und Kunden. „Die verschmutzten Putztücher, die wir als Gefahrgut deklarieren müssen, können wir allerdings nicht auf diesem Weg umschlagen“, so Simon. „Da hilft uns der BAX – der kommt mit seiner kompakten Größe gut durch die Innenstadt.“ Mewa will ihn sogar bis nach Paris bringen: Dort gilt im Zuge der Olympischen Spiele ab Januar 2024 ein generelles Einfahrtsverbot für Dieselfahrzeuge. „Wir hoffen, dass wir den BAX dann zukünftig in der französischen Hauptstadt einsetzen können.“

Ergonomisches Be- und Entladen

Um die Fahrer zu entlasten, betrachtet Kay Simon die Fahrzeuge auch unter dem Aspekt der Ergonomie: Das niedrige Fahrerhaus beim BAX kann in dieser Hinsicht punkten, weil man dort sehr einfach und gelenkschonend ein- und aussteigen kann. Einer ersten beiden bestellten Fahrzeuge verfügt neben der Ladebordwand auch über eine Seitentür, die an der verkehrsabgelegenen Beifahrerseite, also zum Fußweg hin, positioniert ist. Über die wird es noch einfacher sein, die Wäschesäcke zu entnehmen und einzuladen. „Die Fahrer sollen so wenig Stress wie möglich haben, und wir möchten ihnen körperliche Belastungen abnehmen. Denn sie sollen auch einen nachhaltigen Job haben – und sie sollen gerne bei uns arbeiten.“

MEWA Textil-Service

Mewa gehört zu den größten Textil-Service-Unternehmen in Europa. Mit 46 Standorten in 14 Ländern versorgt es über 190.000 Kunden. Rund 1,1 Millionen Menschen tragen Berufskleidung von Mewa bei der Arbeit. Zudem wäscht das Unternehmen jedes Jahr rund eine Milliarde Putztücher. Der Dienstleister bietet Textil-Sharing mit Rundum-Service: Statt Arbeitskleidung zu kaufen und selbst für die Pflege verantwortlich zu sein, können Betriebe sie bei Mewa mieten – inklusive Reinigung, Pflege und Instandhaltung sowie auf Wunsch mit eigenem Branding.

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