Lkw-Fahrer hilft bis heute im Ahrtal

Lesezeit: ca. 3 Minuten
Text: Juliane Gringer
Fotos: Frank Cremanns

Bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz haben viele Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer geholfen. Frank Cremanns war einer von ihnen – und sein Engagement hält bis heute an. Denn er weiß, dass die Menschen im Ahrtal weiterhin dringend auf Unterstützung angewiesen sind.

Als im Juli 2021 sintflutartige Regenfälle das Ahrtal überfluteten, sorgten sie für ein dramatisches Bild der Zerstörung. Sofort war klar, dass dort viele Menschen Hilfe brauchen. Als bei Lkw-Fahrer Frank Cremanns aus Selfkant das Telefon klingelte, zögerte er nicht: „Mein Disponent fragte, ob ich mit einem Radlader aus unserer Firma mit ins Flutgebiet fahre. Ich habe nur kurz meine Frau angeschaut, und die sagte: ‚Komm, fahr!‘ Sie wusste sofort, wie ich mich entscheiden würde.“ Was Frank Cremanns vor Ort sah, bewegte ihn sehr. Und für ihn war klar: „Wir kommen wieder. Wir lassen hier niemanden im Stich, sondern wir helfen weiter!“

Lkw für Transporte organisiert

Dieses Engagement hat bis heute, zwei Jahre nach der Katastrophe, angehalten. Und es sei auch dringend notwendig, erklärt Cremanns: „Die Menschen dort brauchen nach wie vor Hilfe. Viele Häuser sind bis heute nicht trocken. Die Not ist auch 2023 noch groß.“ Vor zwei Jahren fing er an, Spenden zu sammeln. Dazu gehörte, dass er Fahrzeuge wie Sprinter, Pkw mit Anhänger und sogar Lkw für Transporte organisierte. Er schrieb Firmen an, sorgte dafür, dass sie Spendenbescheinigungen bekommen können, und vernetzte sich mit immer mehr weiteren Helferinnen und Helfern. Dazu gehörte auch eine Spedition in Würselen, bei der „der Junior- und Seniorchef gleich mitfuhren“. Cremanns selbst, der bei Conrads Transporte in Übach-Palenberg angestellt ist, brachte gespendete Lebensbäume aus einem Gartenbaubetrieb im Nachbarort mit einem Tieflader ins Ahrtal. Er koordinierte auch den Transport von Baustoffen wie Zement sowie USB-Platten. „Im Laufe der Zeit habe ich so vieles gefahren, von Vierkanthölzern bis Kinderspielzeug.“

»Im Laufe der Zeit habe ich so vieles gefahren, von Vierkanthölzern bis Kinderspielzeug.«

Frank Cremanns, Lkw-Fahrer, der sich im Ahrtal engagiert

Spenden im Wert von mehreren Hunderttausend Euro

Die gewonnenen Kontakte hielt er auch über den Juli 2021 hinaus . „Es gab immer wieder Leute, die noch Dinge spenden wollten, und so haben wir jedes Mal den Transport organisiert oder sind selbst hingefahren. Da darfst du nicht lange nachdenken, sondern es gilt: machen, machen, machen!“ Cremanns schätzt den Wert der Spenden, die er in den vergangenen beiden Jahren koordiniert hat, auf mehrere Hunderttausend Euro. Für alle, die Menschen im Ahrtal jetzt unterstützen möchten, erklärt er, als Sachspenden seien Baustoffe, Lebensmittel und Hygieneartikel sinnvoll. „Daran fehlt es immer noch. Außerdem helfen Gutscheine oder Geldspenden immer.“

„Es haut einem wirklich den Boden unter den Füßen weg“

Frank Cremanns hat auch etwas sehr Persönliches weitergegeben: „Im Februar 2022 ist mein Vater verstorben und hat mir jede Menge Werkzeug hinterlassen. Daran hängen sehr viele Erinnerungen, und so hat es einige Monate gedauert, bis mein Bruder und ich bereit waren, das untereinander aufzuteilen. Dann wurde mir aber bewusst, dass ich so viel gar nicht selbst brauche – also habe ich einen Anhänger beladen und bin wieder selbst mit den Sachen runtergefahren. Das war sehr emotional.“ Ihm bleiben aus dem Ahrtal besonders die Bilder von Menschen im Kopf, die durch die Flut alles verloren haben: „Uns ist unheimlich viel Leid begegnet. Das mit eigenen Augen zu sehen, war viel schlimmer als in den Nachrichten. Es haut einem wirklich den Boden unter den Füßen weg.“ Dass er anderen Menschen hilft, ist für Cremanns selbstverständlich. „Das habe ich sicher von meinem Vater geerbt. Und ich habe selbst in meinem Leben auch mal dringend Hilfe gebraucht und war so dankbar, dass ich sie bekommen habe“, erklärt er.

»Wenn einer Hilfe braucht, bin ich da. Die Dankbarkeit und Herzenswärme, die man dafür bekommt, wiegen jede Anstrengung auf.«

Frank Cremanns, Lkw-Fahrer, der sich im Ahrtal engagiert

Benefiz-Konvoi für schwerkranke Kinder

Schon lange fährt Frank Cremanns auch beim jährlichen Euregio-Benefiz-Konvoi mit: Bei der Aktion im Raum Aachen dürfen schwerkranke Kinder im Lkw mitfahren und erleben als Beifahrerinnen und Beifahrer eine unvergessliche Rundtour. Außerdem gibt es ein Familienfest mit vielen bunten Angeboten als Rahmenprogramm. Ziel ist es, Kinderaugen zum Leuchten zu bringen und Spenden für Vereine der Region zu sammeln. Cremanns regte den Koordinator an, auch Kinder aus dem Ahrtal mitzunehmen. Gesagt, getan: 2023 durften unter anderem ein krebskranker Junge und sein Bruder aus der Flutregion in einem der rund 100 Lkw mitfahren. Cremanns will noch viele solcher Verbindungen knüpfen und Initiativen anstoßen, um das Leid nach der Flutkatastrophe im Ahrtal zu lindern und die Situation der Menschen dort im öffentlichen Bewusstsein zu halten. Auch er selbst will weiter dranbleiben: „Wenn einer Hilfe braucht, bin ich da. Die Dankbarkeit und Herzenswärme, die man dafür bekommt, wiegen jede Anstrengung auf.“

Ehrenamtliches Engagement

Mit seinem Engagement ist Frank Cremanns ein Berufskraftfahrer von vielen, die sich ehrenamtlich für andere Menschen einsetzen. Christina von Haugwitz, Projektmanagerin der Initiative PROFI – Pro-Fahrer-Image e. V. sagt: „Unter Berufskraftfahrerinnen und -fahrer scheint es ein Mindset zu geben, dass sie dazu bringt, in ihrer Freizeit Hilfslieferungen in die Ukraine zu fahren, sich im Ahrtal zu engagieren oder Geld für die Krebsstation des örtlichen Krankenhauses zu sammeln. Sie setzen damit ein deutliches Zeichen gegen Vorurteile über ihren Berufsstand.“ Der Verein PROFI setzt sich für mehr Wertschätzung gegenüber Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern ein. Wolfgang Schiffers, Veranstalter des Euregio-Benefiz-Konvoi, ist beispielsweise Mitglied im Verein, genau wie Ulrike Müller, Vorstandsvorsitzende der Kraftfahrerinitiative Bewegen mit Herz e. V..

Weitere Geschichten von und mit Lkw-Fahrern lesen Sie in unserer Rubrik Logistics Hero.
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