Modellregion für die Citylogistik

Die Repräsentanten der Partner zum Start der Initiative Urbane Logistik Hannover.

Lesezeit ca. 3 Minuten
Text: Juliane Gringer
Fotos: VWN – Henning Scheffen, Pixabay

Mit dem Projekt „Urbane Logistik der Zukunft“ will Hannover zukunftssichere Logistikkonzepte für den urbanen Raum erforschen und erproben. Dabei werden die Bürgerinnen und Bürger intensiv einbezogen.

Hannover will zeigen, wie saubere, leise, effektive und damit zukunftssichere Logistikkonzepte in der Stadt aussehen können: „Wir wollen Modellregion für den Lieferverkehr der Zukunft werden“, erklärt Oberbürgermeister Stefan Schostok. Er hat deshalb gemeinsam mit Dr. Eckhard Scholz, dem Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN), ein umfangreiches und langfristig angelegtes Projekt ins Leben gerufen: „Urbane Logistik der Zukunft“ ist eine Initiative von Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft, die bis 2030 die internationale Kompetenzregion für urbane Logistik in Hannover und der Metropolregion unter ganzheitlichen Gesichtspunkten entwickeln will.

Intelligente Vernetzung

Die Region rund um die niedersächsische Hauptstadt ist einer der größten Logistikstandorte in Deutschland und empfiehlt sich damit als spannendes Forschungsobjekt. „Unser Leitgedanke ist eine lebenswerte Stadt und damit die Frage, wie wir Verkehre so gestalten können, dass Lärm und Luftverschmutzung möglichst gering ausfallen“, erklärt Tim Gerstenberger, Verkehrsplaner der Stadt Hannover und einer der beiden Projektleiter. Dabei sollen mehrere Themenbereiche verknüpft werden: intelligente Vernetzung und smarte Mobilitätslösungen, digitale Kommunikations- und Steuerungstechniken sowie elektrisch angetriebene Lieferfahrzeuge. „Es gibt viele technologische Ideen und Ansätze, aber nur wenige sind bisher zusammengeführt, auf ganze Stadtteile oder gar eine Großstadt übertragen und erprobt.“, so Gerstenberger. Genau da setzt die Initiative Urbane Logistik an: Sie wird solche Lösungen für Hannover modellhaft entwickeln und erproben. Dazu kann die Elektrifizierung der städtischen Flotten genauso gehören wie andere alternative Antriebe, Hubs oder auch der Einsatz von Lastenrädern.

Als Partner im Lenkungskreis des Projekts vertreten sind neben der Landeshauptstadt und VWN unter anderem die Deutsche Post DHL, die Stadtwerke Hannover AG, die Hochschule Hannover, die Leibniz-Universität Hannover und das Land Niedersachsen. Sie haben gemeinsam einen klaren strategischen Fahrplan entworfen und vier Teilprojekte definiert. So will man eine Forschungsinfrastruktur aufbauen und Forschungsarbeiten sowie Promotionsstipendien zum Thema fördern. Eine umfangreiche Datenanalyse gehört ebenfalls dazu: Ein System zur Erfassung, Bewertung und Nutzung von Umwelt- und Verkehrsdaten wird Zahlen zusammenführen, die genutzt werden können, um den Verkehr der Zukunft zu steuern. Dann wird die Relevanz dieser Zahlen für Maßnahmen des städtischen Lieferverkehrs untersucht. Es wird Pilotquartiere geben, in denen konkrete Logistikkonzepte entwickelt und erprobt werden – sogenannte Living Labs. Und schließlich wird die kommunale und gewerbliche E-Mobilität ausgebaut.

Alle Beteiligten sollen gewinnen

„Dieses strategische Vorgehen soll eine umfassende Nachhaltigkeit gewährleisten“, verdeutlicht Gerstenberger. „Alle Beteiligten sollen am Ende gewinnen, die Bürger genauso wie die Kommune oder auch die Unternehmer, die an der Logistik beteiligt sind.“ Als Vertreter der Kommune sieht Gerstenberger deren Rolle so: „Wie alle Partner der Initiative Urbane Logistik bringen wir uns mit hohem Engagement und eigenen Werten und Kompetenzen ein, die auf die gemeinsamen Ziele einzahlen.“ Genau dieses Engagement und die Verbindlichkeit aller Beteiligten mache diese Projektinitiative einzigartig. Hiervon ist Rüdiger Prang von Volkswagen Nutzfahrzeuge, der zweite Projektleiter der Initiative, überzeugt. „Dass hier Partner mit unterschiedlichen Sichten zusammenkommen, die alle an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, ist eine einmalige Konstellation“, so Prang. „Es ist uns gelungen, sehr engagierte Menschen für dieses Projekt zu gewinnen. Das Interesse an dem Thema ist sehr groß – das macht es aus, und das motiviert!“ Alle Akteure, die heute Logistik in die Stadt bringen oder sich um Versorgung und Entsorgung kümmern, suchen nach alternativen Fahrzeugen und Logistikkonzepten, erklärt der Experte: „Das sind vor allem die Spediteure, die natürlich auch zukünftig ihr Geschäft erfolgreich betreiben wollen. Und daher interessiert es sie brennend, welche Konzepte die größten Chancen haben, sich durchzusetzen.“

Im Dialog mit den Bürgern

Ihren Ursprung hat die Initiative Urbane Logistik im Stadtdialog „Mein Hannover 2030“. „Dort sind wir mit den Bürgern ins Gespräch gekommen, um zu erkunden, welche Themen sie bewegen und wo es Handlungsbedarf gibt“, beschreibt Gerstenberger. „Dabei hat sich gezeigt, dass Mobilität ganz klar zu den Bereichen gehört, bei denen sich die Menschen moderne Lösungen wünschen.“ Die Bürger sollen weiterhin stark einbezogen werden, um die Konzepte immer auch darauf zu prüfen, ob die Bevölkerung sie auch wirklich annimmt. Das bedeutet, dass vor allem die Bewohner der Pilotquartiere zu ihren Anforderungen und den Erfahrungen mit einzelnen Konzepten befragt werden sollen. In den Wohnvierteln werden demnach exemplarisch die Struktur die Bevölkerung sowie deren Bedürfnisse, die Verkehrsströme und deren Auswirkungen auf die Umwelt untersucht. „Im ersten Schritt sammeln wir Daten über Wirtschaftsverkehre, schauen, welche Ströme da sind und wie sie geleitet werden können“, so Prang. „Dann simulieren wir neue Konzepte zum Wirtschaftsverkehr und gehen damit in den Realversuch in den Stadtvierteln – mit Fokus auf Wirtschaftlichkeit, Verlässlichkeit, Umweltfreundlichkeit und Akzeptanz.“

Ein weiterer Meilenstein der Initiative ist das Forschungsprojekt Untersuchungs-, Simulations- und Evaluations-Tool für Urbane Logistik (USEfUL), das der Bund mit rund zwei Millionen Euro fördert. In den kommenden drei Jahren soll ein webfähiges Tool entstehen, mit dem sich unterschiedliche Räume und Konzepte in der Stadt simulieren lassen. Es wird Politik, Wirtschaft und Verwaltung als Entscheider für innovative Logistikkonzepte unterstützen – so leistet das Projekt Urbane Logistik wertvolle Grundlagenarbeit auch für andere Regionen.

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