Mit E-Commerce den Umsatz verdoppeln

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Text: Juliane Gringer
Fotos: ECL Kontor

Das Hamburger Logistikunternehmen ECL Kontor hat den Einstieg in den E-Commerce gewagt und kräftig vom Online-Boom in der Pandemie profitiert. Dem Geschäftsführer Adam Dachowski kommt aber auch jede Herausforderung gerade recht: Er liebt es, individuelle Lösungen für seine Kunden zu finden – etwa einen Kühlcontainer gegen Tabakkäfer.

Wenn Unternehmen neue Wege gehen, neue Geschäftsfelder erkunden, dann ist das immer mit der Hoffnung verbunden, dass sich diese Mühe auszahlt. Beim Hamburger Logistikunternehmen ECL Kontor war das der Fall: Mit dem Einstieg in den E-Commerce konnte der Dienstleister, der seine Wurzeln in der Zollabfertigung hat, seinen Umsatz in den vergangenen zwei Jahren nahezu verdoppeln: von rund 5,2 Millionen Euro im Jahr 2020 auf mehr als neun Millionen Euro im Jahr 2021. Rund 65 Prozent des gesamten Erlöses stammen aus dem E-Commerce – dabei hatte ECL erst 2016 damit begonnen, Waren für den Online-Versand zu bearbeiten.

Zuschlag für Grundstück in Hamburg

„Wir waren immer sehr traditionell in der Logistik unterwegs“, berichtet Geschäftsführer Adam Dachowski. Mitte 2015 plante er, eine Niederlassung mit eigenem Lager nahe dem Hamburger Hafen zu kaufen, und konnte sich tatsächlich bei einer Ausschreibung der Hamburger Hafenbehörde für ein 22.000 Quadratmeter großes Grundstück gegen zahlreiche weitere Bewerber durchsetzen. Auf diesem Grundstück errichtete er mit seinem Team eine 10.000 Quadratmeter große Lagerhalle, die mit Schmalgangregalen ausgestattet wurde: Die Stapler fahren dort auf Induktionsschleifen in die nur 1,90 Meter breiten Gänge. So kann die Grundfläche optimal ausgenutzt werden.

Vom Hausschuh bis zum Wasserkocher

„Wir haben dann darüber nachgedacht, die Anlage gar nicht komplett selbst zu bewirtschaften, sondern einen Teil zu vermieten. Ein chinesisches Handelsunternehmen aus dem E-Commerce zeigte Interesse, wir kamen ins Gespräch und stellten fest, dass sich unsere Profile sehr gut ergänzen: Als Vollagentur, die Lagerlogistik eigenständig durchführen kann und einen eigenen Fuhrpark hat, waren wir der perfekte Partner für eine Kooperation.“ Tatsächlich entschied sich die chinesische Firma zu einer Zusammenarbeit, und so übernahm ECL die Zollabfertigung und das Container-Trucking für eine breite Palette von Produkten – vom Hausschuh bis zum Wasserkocher.

»Wir mussten völlig neue Prozesse etablieren, das war komplettes Neuland für uns.«

Adam Dachowski, Geschäftsführer ECL Kontor

Unbekanntes Terrain

Diese Importe aus China wurden bei Amazon angeboten, und bald war ECL auch in puncto Fulfillment gefragt. „Wir mussten völlig neue Prozesse etablieren, die Ware picken und verpacken, Paketlabel ausdrucken und aufkleben“, erinnert sich Dachowski. „Das war komplettes Neuland für uns, aber wir haben uns schnell eingearbeitet und das riesige Potenzial erkannt.“ 2021 investierte ECL einen fünfstelligen Betrag in IT, um den Kunden die nötige Transparenz zu geben: Sie können jederzeit nachvollziehen, wo die Ware ist.

Liquidität konnte geschont werden

Als das chinesische Partnerunternehmen gut drei Jahre später doch in ein größeres Objekt umzog, hatte ECL genug Erfahrungen gesammelt, um selbst neue Kunden zu akquirieren. „Diesen Lerneffekt haben wir 2020 genutzt, und er hat uns einen echten Boom beschert.“ Die Pandemie befeuerte das Online-Geschäft, und damit hatte auch ECL mehr als gut zu tun. „Es war der Bereich, der uns 2020 als Unternehmen über Wasser gehalten hat – die anderen Importgeschäfte sind eingebrochen. Hätten wir den E-Commerce nicht gehabt, hätten wir einen Großteil der Finanzmittel aufbrauchen müssen, die wir in den vorangangenen rund 15 Jahren zur Seite gelegt hatten.“ Von einem Verhältnis von 30 zu 70 zwischen E-Commerce und traditioneller Logistik im Geschäft von ECL ist der Anteil von Online-Bestellungen auf fast 80 Prozent Anteil gewachsen. „Wir sind auf den fahrenden Zug aufgesprungen und werden dieses Geschäftsfeld sicher langfristig weiterführen“, erklärt Adam Dachowski, der bereits nach einer zusätzlichen Fläche in Hamburg sucht, um weiter zu expandieren.

Beginn einer Erfolgsgeschichte

Gegründet wurde ECL im Jahr 2004 als reine Zollagentur für das Importgeschäft. Die Inhaberfamilie hat polnische Wurzeln, Adam Dachowskis Vater sprach deshalb anfangs vor allem polnische Kunden an und spezialisierte sich auf Fiskalverzollung, bei der Importeure die Einfuhrumsatzsteuer nicht im Voraus bezahlen müssen. 2008 begann der Aufbau eines eigenen Fuhrparks, um Container aus dem Hafen zu bringen. Adam Dachowski stieg 2011 ins Unternehmen ein. Er kalkulierte, dass sich aufgrund steigender Fremdlagerkosten eine eigene Fläche lohnen würde. So kam es zum Kauf des Grundstücks in Hamburg – und somit zum Beginn einer großen Erfolgsgeschichte.

Frühzeitig Personal sichern

Dabei kann Adam Dachowski nur eins raten: „Was wir in den vergangenen Monaten wirklich gelernt haben, ist, dass es sehr sinnvoll ist, vorausschauend Personal zu beschaffen. Spätestens wenn wir wissen, dass in wenigen Wochen ein neuer Kunde dazukommt, suchen wir die entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Dabei lässt sich ECL regelmäßig von einem Headhunter unterstützen: „Diese Investition lohnt sich.“ Das Team ist von 27 Personen im Jahr 2020 gewachsen auf 46 Ende 2021.

»Wir mussten völlig neue Prozesse etablieren, das war komplettes Neuland für uns.«

Adam Dachowski, Geschäftsführer ECL Kontor

Kühlaggregat gegen Tabakkäfer

„Ich bin ein Mensch, der immer neue Herausforderungen sucht“, erklärt Adam Dachowski seine Motivation. „Das bedeutet, dass man Risiken eingehen muss, aber manchmal ist das eben notwendig, um eine Entwicklung nach vorne zu ermöglichen. Außerdem möchte ich immer gute Lösungen für unsere Kunden finden und bin gern bereit, dafür viel Energie aufzuwenden.“ Eine Herausforderung kam beispielsweise kürzlich von einem Kunden, der Rohtabak verarbeitet. Diese Ware muss im Regelfall nach dem Import circa vier Wochen im Kühllager liegen, bevor sie weiterverarbeitet werden kann, weil sich häufig der Tabakkäfer einschleicht. Mit dem Wissen, dass dieser Schädling sehr kälteempfindlich ist, experimentierte Dachowski und testete verschiedene Lösungen, ehe er schließlich einen Kühlcontainer mit einem sehr starken Kühlaggregat ausstattete. „Das Ergebnis war hervorragend: Nach einer Woche konnte man nachweisen, dass die Ware käferfrei war.“ Dem Kunden gefiel besonders, wie stark sich der Unternehmer für diesen spezifischen Fall engagierte – danach schickte er schnell einen Vertrag für das gesamte Jahr 2022.
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