Text: Juliane Gringer
Fotos: hvv, Shuttertstock
Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv), fordert eine Konzessionsvergabe für die City-Logistik. Was beim ÖPNV funktioniert, sei eine Rettungsoption für die überlasteten Metropolen.
Alles, was wirtschaftliches Denken fördert, funktioniert immer dann nicht gut, wenn das Verhältnis zwischen Raum und Zeit knapp ist. Das sehen wir zurzeit auch im Logistikmarkt, denn unheimlich viele Speditionen und KEP-Dienstleister bringen Ware in die Stadt. Das ist auch gut so: Ich meine nicht, dass die komplette Logistik raus muss aus der Stadt, sondern ich spreche von Kleinstmengen – Pakete oder Paletten im B2C-Bereich. Volle Lkw, die fünf oder sechs Paletten-Stopps machen, sollen weiter in die City dürfen, denn das ist schon konsolidiert. Aber es ist nicht in Ordnung, wenn ein Lkw 18, 19 Stopps durchtingelt und jedes Mal nur eine halbe Palette rausgibt.
Es klingt vielleicht extrem, aber wir werden diese Menge an Nutzfahrzeugen nicht ohne ein monopolistisches Vergabeverfahren aus der Stadt herausbekommen. Es gibt zu viel Konkurrenz auf zu engem Raum, also muss man Konzessionen vergeben. Denn der urbane Raum lässt sich eben nicht vergrößern. Zu Konzessionsvergaben kommt es immer dann, wenn der Staat nachhelfen muss, weil sonst der Wettbewerb zerstörerisch wirkt. Diese Situation haben wir bereits.

»Es klingt vielleicht extrem, aber wir werden diese Menge an Nutzfahrzeugen nicht ohne ein monopolistisches Vergabeverfahren aus der Stadt herausbekommen.«
Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv)
Ich habe bei all den guten Ideen und den Forschungsprojekten, die laufen, nicht einmal gesehen, dass dabei die Zahl der Lkw gesunken wäre. Wie viele Hubs sollen in einer Stadt stehen, wo sollen die alle Platz finden?
Ich glaube nicht, dass das vergleichbar ist, weil es unterschiedliche Use Cases und auch unterschiedliche Mobilitätsanforderungen gibt. Auch hier gilt, dass eine Symbiose geschaffen werden muss, zum Beispiel indem man Auto und ÖPNV kombiniert. Das Auto wird immer ein Teil individueller Mobilität sein, wir bieten im hvv in Hamburg etwa die Kombination mit Carsharing an. Ersetzen können wird man das Auto hier nicht, vor allem weil der ÖPNV liniengebunden ist: Nicht jeder Stadtteil und jede Straße ist gleich gut angebunden. Das ist in der Logistik anders. Die Speditionen disponieren jeden Tag neu, wie und wohin sie fahren – je nachdem, wo die Menge abgerufen wird.
Ich kenne die unterschiedlichen Perspektiven: Ich war in einer Spedition, davor zwei, drei Jahre im Güterverkehr, jetzt mache ich wieder Personenverkehr. Und wenn ich nun als ÖPNV-Geschäftsführerin sage, ich würde gerne was zum Thema Logistik machen, schauen mich alle an, als hätte ich meine Jobbeschreibung nicht gelesen. Aber die beiden Systeme sind sich unheimlich ähnlich: Beide haben das Ziel, den Individualverkehr – und dazu gehören auch individuelle Lkw – aus der City zu bekommen, damit die Stadt vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums stärker agieren kann. Es sind zwei verschiedene Geschäftsmodelle: die Vergabe versus „Ich mache, was ich will“. Jetzt muss man sich überlegen, ob Letzteres in einer überfüllten Stadt funktionieren kann.
»Ich habe bei all den guten Ideen und den Forschungsprojekten, die laufen, nicht einmal gesehen, dass dabei die Zahl der Lkw gesunken wäre. Wie viele Hubs sollen in einer Stadt stehen, wo sollen die alle Platz finden?«
Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv)
»Fangt doch erst mal an, über ein Konzept nachzudenken, bevor ihr gleich über Sanktionierung sprecht!«
Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv)
Für mich ist es der einzige Weg, die Städte zu „retten“. Und die Speditionen verlieren nichts, es geht ja nur um den Transport auf der letzten Meile. Da muss geklärt werden, wer den übernimmt, das kann ja beispielsweise alle drei Jahre neu vergeben werden. Der Druck in den Städten wird auf jeden Fall noch größer werden, und dann kann man hoffen, dass sich ein Konglomerat von Leuten findet, die in neuen Konzepten denken. Ich sage nicht, dass die Konzessionsvergabe die einzig mögliche Lösung ist, aber es ist eine, über die man wirklich gewissenhaft nachdenken sollte.