Alternativer Antrieb der Zukunft gesucht

Logistikunternehmer Jochen Köppen ist überzeugt: Alternativen Antrieben im Nutzfahrzeug gehört die Zukunft.

Lesezeit ca. 3 Minuten
Text: Oliver Schönfeld
Fotos: Oliver Felchner

Welchen Antrieb wird das Nutzfahrzeug der Zukunft haben? Auf diese Frage will der Logistikunternehmer Jochen Köppen aus Duisburg eigene Antworten. Deshalb rüstet er ab Frühjahr 2019 gut ein Zehntel seiner Flotte um.

Jochen Köppen verfügt über jahrzehntelange Berufserfahrung in der Logistik. Daher weiß er ganz genau: Im Transportgewerbe sieht sich jede Generation neuen Umbrüchen gegenüber. Das wird auch in Zukunft so bleiben, ist der Geschäftsführer der auf Tankcontainerlogistik spezialisierten Köppen GmbH aus Duisburg überzeugt: „Als mein Großvater aufwuchs, waren in unserem Fuhrunternehmen noch Pferde im Einsatz. Mein Vater kannte seit Kindheitstagen dieselbetriebene Lkw. Für die kommende Generation werden alternative Antriebe auch in schweren Nutzfahrzeugen selbstverständlich sein.“ Als erfahrener Transportspezialist ist der Unternehmer sicher, dass die Zeit reif ist für den nächsten technologischen Sprung – und will deshalb zu den Vorreitern gehören.

Im dicht besiedelten Rhein-Ruhr-Gebiet wisse man nur zu gut um den wachsenden Veränderungsdruck, berichtet er weiter: „Rund um den Duisburger Hafen befinden sich ebenso wie an den Industriestandorten des Ruhrgebiets Produktionsstätten und Wohnquartiere seit jeher in enger Nachbarschaft. Das gestiegene Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimaschutz verlangt nach Nutzfahrzeugen mit optimalen Emissionswerten.“ Das bezieht der Fachmann nicht auf die Abgase allein: Wenn Industrie und Wohngebiete so nah beieinander liegen, kann auch Lärm zur Belastung werden – beim Anfahren ist ein Elektro-Lkw deutlich leiser als ein Dieselfahrzeug.

Grenzüberschreitendes Pilotprojekt

Doch welcher alternative Antrieb wird sich im Nutzfahrzeugbereich durchsetzen? Sind schwere Elektro-Lkw bereits heute für den täglichen Flottenverkehr geeignet? Jochen Köppen will nicht auf Antworten warten, sondern selbst zu den Treibern der Entwicklung zählen – in Kooperation mit anderen mittelständischen Logistikunternehmen. Als der Geschäftsführer bei einer Veranstaltung des Logistikclusters NRW von einem grenzüberschreitenden Pilotprojekt hörte, war er sofort interessiert. Als einziges deutsches Unternehmen beteiligt sich Köppen nun mit vier niederländischen Firmen am Interregio-Projekt „Electric Green Last Mile“ (EGLM).

Die Transportunternehmen haben gemeinsam Anforderungen für elektrifizierte Antriebe im grenzüberschreitenden EU-Verkehr definiert. Sie werden die Fahrzeuge auch gemeinsam erwerben – genauer gesagt: Sie kaufen Serien-Zugmaschinen mit Dieselmotor und lassen diese dann umbauen. Derzeit ist dies noch eine aufwendige und kostspielige Angelegenheit: Rund 250.000 Euro kostet der Umbau pro Fahrzeug. Die fünf Betriebe engagieren sich also selbst mit hohen Investitionen, auch wenn die EU rund 50 Prozent der Summe fördert.

Zudem ist noch so manche formelle Hürde zu nehmen. „Die ADR-Gefahrgutrichtlinien sehen noch keine Elektro-Lkw vor, bewegen sich aber zumindest in Richtung alternative Antriebe“, erläutert Jochen Köppen. Noch seien dazu aber Fragen zu klären, ebenso zur Ladeinfrastruktur. Die Pilotfahrzeuge werden mit zwei sogenannten Slow-Charger-Batteriesystemen mit jeweils 44 Kilowattstunden Leistung ausgestattet, die über einen üblichen Stromanschluss mit Industriestecker aufgeladen werden können. Zudem soll eine Lademöglichkeit mit einer Leistung von bis zu 300 Kilowattstunden an einer öffentlichen Ladesäule entstehen.

Der Duisburger Logistikunternehmer verfolgt die Idee, die Zeit während der Be- und Entladungsvorgänge bei den Kunden aus der chemischen Industrie zu nutzen, um die Kraftreserven der Fahrzeugbatterien aufzufüllen. Diese jeweils 30 bis 60 Minuten genügen, um immer wieder genug Energie für den gesamten Tag im Terminalbetrieb nachzuladen. Voraussetzung dafür ist natürlich eine entsprechende Infrastruktur. Jochen Köppen stellt jedoch schon heute großes Interesse der Industrie fest, sich zu beteiligen und beispielsweise Ladesäulen einzurichten. „Logistikunternehmen und Auftraggeber können damit gemeinsam zeigen: Wir haben die Anforderungen der Bevölkerung verstanden und suchen nach Lösungen für nachhaltige und umweltverträgliche Transporte.“

Projekt rollt ab 2019 auf die Straße

Die Abstimmung der Details läuft auf vollen Touren. Bis August 2019 werden im Zuge des EGLM-Projekts die ersten Einheiten an die beteiligten Transportunternehmen ausgeliefert. Köppen hat zwei elektrifizierte Zugmaschinen geordert. Zusätzlich will er im Laufe des Jahres 2019 noch mehrere LNG-Fahrzeuge bestellen. „Flüssiggas ist in Europa im Nutzfahrzeugbereich schon wesentlich stärker verbreitet als in Deutschland“, sagt Köppen. Die beiden Gasfahrzeuge sollen im europaweiten Verkehr, etwa zwischen den Häfen Duisburg und Rotterdam, zum Einsatz kommen. Der entscheidungsfreudige Unternehmer stellt damit fast zehn Prozent seines gesamten Fuhrparks in kurzer Zeit auf alternative Antriebe um – eine gute Basis, um in der Praxis fundierte Erfahrungswerte zu sammeln und so den Weg zum Nutzfahrzeugantrieb der Zukunft aktiv mitzugestalten.

Köppen GmbH

Seit über 100 Jahren steht der Name Köppen für Transportleistungen. Heute zählt die Köppen GmbH zu den regional führenden Tankcontainer-Dienstleistern in Nordrhein-Westfalen. Am Standort Duisburg bietet das Unternehmen die komplette Infrastruktur zum Betrieb der Container – bis hin zu Reinigung, Reparatur und Wartung. Mit spezifischen logistischen Dienstleistungen verbindet es die Produktionsanlagen der chemischen Industrie an Rhein und Ruhr mit den Containerterminals in der Region und Seehäfen wie Rotterdam und Antwerpen. Rund 170 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2018 einen Umsatz von 14 Millionen Euro. Der Fuhrpark umfasst 54 ziehende und 72 gezogene Einheiten.

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