„Lasst euch nicht alles gefallen!“

Lesezeit: ca. 3 Minuten
Text: Juliane Gringer
Fotos: privat

Viele Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen arbeiten unter harten Bedingungen. Juan Pedro Garcia Rosales, selbst seit drei Jahrzehnten im Beruf, engagiert sich intensiv für seine Kolleginnen und Kollegen – über die Arbeit in Vereinen und Interessenvertretungen, aber auch ganz persönlich.

„Ich möchte, dass wir Fahrer von der Gesellschaft und von den Unternehmen, für die wir arbeiten, gesehen werden“, sagt Juan Pedro Garcia Rosales. Seit rund drei Jahrzehnten ist er als Lkw-Fahrer auf Europas Straßen unterwegs – und engagiert sich in seiner Freizeit für bessere Arbeitsbedingungen. „Ich gehe zu Veranstaltungen wie Trucker-Treffen und komme dort mit den Fahrerinnen und Fahrern ins Gespräch über ihre Themen und Probleme“, erzählt der 53-Jährige. „Wir diskutieren, was man verändern muss.“ Die wichtigsten Punkte sind bekannt: Bezahlung, Parkplätze, sanitäre Anlagen und der Umgang mit den Fachkräften an der Rampe.

Garcia Rosales trägt die diesbezüglichen Wünsche – oder besser: die berechtigten Forderungen – zu Entscheiderinnen und Entscheidern, indem er sich unter anderem bei den Kraftfahrerkreisen Deutschland engagiert. Dort ist er Vorsitzender der Abteilung Südbaden. Bei der Gewerkschaft ver.di ist er 1. Vorsitzender der Fachgruppe Spedition und Logistik in Südbaden und außerdemist er Mitglied beim Verein PROFI – Pro Fahrer-Image e. V. und sitzt dort im Fahrer-Beirat. In all diesen Funktionen klärt er Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer auch über die Rechte auf, die sie bereits haben: „Viele wissen gar nicht, was ihnen zusteht oder wo sie beim Chef oder der Chefin auch mal sagen können: ‚Nein, tut mir leid, das mache ich nicht – weil ich es nicht machen muss!‘.“ Er fordert unter anderem, dass Abladezeit nicht als Pausenzeit gerechnet wird: „Ich arbeite doch dann noch, wie kann ein Spediteur da verlangen, dass ich den Fahrtenschreiber schon auf Pause stelle? Durch solche Gewohnheiten werden die Tage für uns Fahrerinnen und Fahrer immer länger. Das ist einfach nicht fair.“ In Spanien sei es beispielsweise inzwischen gesetzlich verboten, dass die Trucker selbst entladen. „Das hat die Gewerkschaft gemeinsam mit der Regierung bewirkt. Warum gibt es so eine Regelung in Deutschland noch nicht?“

Leidenschaft liegt in der Familie

Ihm selbst war schon als Kind klar, dass er Lkw-Fahrer werden wollte. „Sobald ich die Möglichkeit hatte, den Führerschein zu machen, habe ich damit angefangen“, erzählt er. Denn sein Opa war ebenfalls Berufskraftfahrer und hat ihn als Kind in den 1970er-Jahren in den Schulferien oft auf seine Touren mitgenommen. Er fuhr immer von Almeria nach Saragossa, um dort vom Großmarkt Obst und Gemüse abzuholen. Auf den rund 750 Kilometern Fahrt saß Juan Pedro also regelmäßig auf dem Beifahrersitz und konnte durchs Fenster die spanischen Landschaften an sich vorbeifließen sehen. Besonders gern erinnert er sich daran, wie viel Ansehen der Beruf damals noch hatte: „Wenn wir an einem Rastplatz Halt gemacht haben, hat sich das angefühlt, als würde uns ein roter Teppich ausgerollt“, erinnert er sich. „Mein Opa bekam frischen Kaffee serviert, und alle waren sehr nett zu uns. Damals wurden Lkw-Fahrer noch sehr geschätzt – allen war bewusst, wie wichtig der Job ist.“

»Viele wissen gar nicht, was ihnen zusteht oder wo sie beim Chef oder der Chefin auch mal sagen können: ›Nein, tut mir leid, das mache ich nicht – weil ich es nicht machen muss!‹.«

Juan Pedro Garcia Rosales, engagierter Lkw-Fahrer

Bevor Juan Pedro Garcia Rosales 1997 nach Deutschland auswanderte, hatte er wie sein Opa viele Jahre lang Obst und Gemüse geladen – und es nicht nur durch Spanien, sondern durch ganz Europa und bis nach Marokko gefahren. „Meine Heimat Almeria ist ein bekanntes Anbaugebiet, und ich mache sehr gern temperaturgeführte Transporte: Mit dem Kühltrailer unterwegs zu sein, macht einfach viel Spaß.“ Heute ist er auf Sammelgut spezialisiert und fährt in 24-Stunden-Schichten im Pendelverkehr die rund 650 Kilometer zwischen Freiburg und Linz, vor allem für Dachser.

Arbeitsbedingungen verbessern

Seine Arbeitsbedingungen sind gut, das weiß er sehr zu schätzen. Umso mehr wünscht er sich, dass alle Kolleginnen und Kollegen das von ihrem Job sagen können. Gerade jungen Auszubildenden rät er häufig: „Lasst euch nicht alles gefallen! Man kann mal Kompromisse eingehen, aber man muss wirklich nicht immer tun, was einem gesagt wird!“ Seiner Erfahrung nach trauen sich Angestellte deutscher Abstammung heute schon eher, ihre Rechte einzufordern. „Aber Fachkräfte aus dem Ausland haben Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn sie sich beschweren. Nicht nur deshalb ist die Gewerkschaftsarbeit so wichtig.“ Ihm ist auch bewusst, dass er als Einzelner nicht viel ausrichten kann, sondern dass die Gemeinschaft wichtig ist. „Wir können es nur zusammen schaffen“, erklärt er. Und: „Man muss einfach anfangen. Auch, damit Menschen, die heute ihre Ausbildung anfangen, eine gute Perspektive bekommen. Wir als Ältere in diesem Beruf können den Weg ebnen – der Wandel muss mit der neuen Generation kommen.“

»Lasst euch nicht alles gefallen! Man kann mal Kompromisse eingehen, aber man muss wirklich nicht immer tun, was einem gesagt wird!«.«

Juan Pedro Garcia Rosales, engagierter Lkw-Fahrer

Völlig neue Ansätze entwickeln

Juan Pedro Garcia Rosales setzt aber auch immer wieder auf kleine Gesten: Bei seiner „Weihnachtsaktion“ verteilt er gemeinsam mit Unterstützerinnen und Unterstützern jedes Jahr am 25. Dezember auf der Strecke zwischen Offenburg und Basel kleine Präsenttüten mit einer Karte an Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer, die diesen Tag allein auf Rastplätzen verbringen müssen. „Ich kenne selbst das Gefühl, dass man zu Weihnachten nicht zu Hause sein kann, sondern allein in seinem Truck sitzt“, so Garcia Rosales. „Es ist großartig, in den Gesichtern der Kollegen die Freude zu sehen, wenn wir ihnen mit unserer kleinen Aufmerksamkeit zeigen, dass sie nicht allein sind.“ Am Wochenende fährt er häufig auch an Raststätten und bietet Fahrern und Fahrerinnen an, sie in den nächstgelegenen Supermarkt zu bringen, wo sie sich mit frischen Lebensmitteln versorgen können – günstiger und gesünder als an der Raststätte.

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Trotz aller Widrigkeiten macht er seinen Job gern: „Ich habe das Lkw-Fahrer-Sein im Blut, es ist meine Leidenschaft. Ich liebe es einfach, immer unterwegs zu sein.“ Natürlich sei er von dem Beruf manchmal auch genervt, etwa nach einer stressigen Woche. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, einen anderen Job zu machen.“ Er wünscht sich, dass alle, denen es genauso geht, unter guten Bedingungen arbeiten können.
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