Text: Juliane Gringer
Fotos: Andrea Möller, Uwe Hesebeck
Bei den Fernfahrerstammtischen der Polizei treffen sich bundesweit Lkw-Fahrerinnen und Fahrer, um Neues zu lernen und sich auszutauschen. Polizeioberkommissarin Andrea Möller hat in Winsen (Luhe) den Hut auf – sie engagiert sich für mehr Wertschätzung gegenüber Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern sowie für bessere Arbeitsbedingungen.
Wie an jedem ersten Mittwoch im Monat sitzen an der Raststätte Ostetal Süd an der A1 Trucker aus ganz Deutschland zusammen: Die Polizei hat zum Fernfahrerstammtisch geladen. Skatkarten und Biergläser sieht man an so einem Abend aber nicht. Vielmehr wird Wissen zu den Themen auf der Straße vermittelt: Ladungssicherung, Gefahrgut, Sozialvorschriften – in Kooperation mit dem Verein DocStop fand vor Kurzem auch ein Erste-Hilfe-Kurs statt. Organisiert werden die Veranstaltungen hier in Winsen an der Luhe von Polizeioberkommissarin Andrea Möller. „Wir sprechen mit unseren Gästen über die Dinge, die sie bewegen, geben ihnen Input und beantworten ihre Fragen“, erklärt sie. „Die Veranstaltung findet während ihrer Ruhezeit statt. Wenn es ihnen nichts bringen würde, würden sie lieber schlafen gehen.“
Zusammenarbeiten und voneinander lernen

Man duzt sich
Damit er dabei sein kann, bittet Ralf Kramer Just seine Dispo regelmäßig, seine Fahrten entsprechend zu planen. Er konnte vor allem fachlich schon viel von den Stammtisch-Abenden mitnehmen: „Man bekommt ja doch nicht immer gleich mit, wenn sich Richtlinien und Vorschriften ändern. Da schnappt man hier in die Runde was auf oder findet auch in Andrea immer eine kompetente Ansprechpartnerin.“ Truckerinnen sowie Trucker und Polizei duzen sich hier. Kramer Just, der seit 18 Jahren auf dem Bock sitzt, hat schon Unterstützung zum Thema Ladungssicherung gesucht oder erst bei einem Stammtisch erfahren, dass er dank einer neuen Regelung seine Lenkzeit leicht überschreiten darf, wenn er noch nach Hause fahren will statt an einem Rastplatz zu übernachten. Und manchmal bekommt er auch einfach tiefere Einblicke in seinen Beruf: „Uns wurde an einem Abend beispielsweise erläutert, wie viel Organisation hinter einem Schwertransport steckt – das war mir so noch nicht bewusst, aber ich fand es hochinteressant.“
Die Termine werden auf vielen Kanälen bekannt gegeben
Von den Locations und Terminen erfahren die Trucker vor allem über einen E-Mail-Verteiler, Websites aus dem Bereich Verkehrsprävention, Mundpropaganda oder die sozialen Medien. Andrea Möller ist außerdem mit dem Verein Pro Fahrer-Image e.V. vernetzt, der sich für mehr Wertschätzung für Berufskraftfahrer einsetzt. Und sie betreibt einen Fernfahrerstammtisch-Facebook-Account, auf dem sie Termine in ganz Deutschland sammelt. . „Viele planen ihre Touren so, dass sie bei uns auf der Raststätte Feierabend machen“, so Möller. „Wir haben hier auch Stammgäste, die arbeiten tagsüber in Hamburg, bilden dann eine Fahrgemeinschaft und kommen als Gruppe zu uns rüber.“ Oder wenn jemand zufällig gerade Rast macht, spricht Andrea Möller ihn an, ob er nicht spontan dabei sein will: „Spätestens nach zehn Minuten ist der mittendrin.“
Ausreichend Zeit für Erfahrungsaustausch
Weiterbildung, Geselligkeit und Wertschätzung

„Ich finde Lkw einfach toll!“
Miteinander reden – statt übereinander
Das Format des Fernfahrerstammtischs ist rund 20 Jahre alt. Polizeihauptkommissar Rainer Bernickel aus Nordrhein-Westfalen hat es im Jahr 2002 aus der Taufe gehoben und an der A1 auf der Raststätte Münsterland Ost den ersten Stammtisch angeboten. Seitdem sind viele Polizeidienststellen seinem Beispiel gefolgt und haben weitere Locations in ganz Deutschland etabliert. „Die Idee hinter dem Projekt war und ist es immer noch, mit den Lkw-Fahrerinnen und -fahrern ins Gespräch zu kommen: mit ihnen zu reden statt über sie“, erklärt Andrea Möller. „Die Fahrerinnen und Fahrer sind dankbar, wenn wir als Polizei ihnen zuhören. Wir wissen ja auch , was auf der Straße los ist und begegnen uns hier auf Augenhöhe.“