Text: Juliane Gringer
Fotos: Fraunhofer IML, BPW
Das „Handbuch Leise Logistik“ soll Kommunen Entscheidungshilfen geben, wenn sie Fahrzeuge für die Nachtlogistik auswählen. Ein Konsortium um das Fraunhofer IML misst dazu den Lärm, den verschiedene Modelle ausstoßen – vom 7,5-Tonner bis zum schweren Lkw.
Wie laut beziehungsweise wie leise sind elektrische Lkw und Transporter mit alternativen Antrieben? Die Antwort auf diese Frage entscheidet mit darüber, wie urbane Logistik in Deutschland in Zukunft aussehen kann. Denn wenn Fahrzeuge leise genug sind, könnten sie zum Beispiel auch in der Nacht Supermärkte beliefern. Das „Handbuch Leise Logistik“, das 2023 erscheinen soll, kann Kommunen die Informationen liefern, die sie brauchen, um den nachhaltigen Schwerlastverkehr für diese sensiblen Zeitfenster im Innenstadtbereich zuzulassen.
Geräuscharme Nachtlogistik fördern
„Wir möchten, dass die geräuscharme Nachtlogistik in Deutschland stärker umgesetzt wird und dass dadurch auch Anreize für Unternehmen entstehen, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben vermehrt in ihrem Fuhrpark einzusetzen“, erklärt Arnd Bernsmann. Der Diplom-Ingenieur für Raumplanung betreut das Projekt vonseiten des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML gemeinsam mit Diplom-Logistikerin Daniela Kirsch. Zum Konsortium, das hinter dem Projekt steht, gehören außerdem die Rechtsanwaltskanzlei BBG und Partner in Bremen sowie das Düsseldorfer Schallgutachter-Büro Peutz. Das vom Ministerium für Verkehr in Nordrhein-Westfalen geförderte Projekt ist im September 2021 gestartet und soll bis April 2023 laufen.

»Wir möchten, dass die geräuscharme Nachtlogistik in Deutschland stärker umgesetzt wird und dass dadurch auch Anreize für Unternehmen entstehen, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben vermehrt in ihrem Fuhrpark einzusetzen.«
Arnd Bernsmann, Diplom-Ingenieur für Raumplanung, Fraunhofer IML
Auch der E-Lkw BAX wird vermessen

Gemessen wird „alles, was nachts im Einsatz ist“
Das Fraunhofer-Team hat mehrere Messabläufe entworfen und ist nun regelmäßig bei Fahrzeugherstellern und Logistikdienstleistern zu Besuch, um die Fahrzeuge beim Fahren, Bremsen oder Rangieren aufzunehmen. „Wir untersuchen auch die Lautstärke des Kühlaggregats oder der Ladebordwand – einfach von allem, was nachts im Einsatz ist“, erklärt Kirsch. „Wir erfassen diese Prozesse einzeln, damit wir für jeden eigene Werte angeben können.“ Während der Messungen muss es rundherum sehr still sein: „Die Fahrzeuge sind wirklich sehr geräuscharm, und jegliche Umgebungsgeräusche würden die Messung verfälschen.“
„TA Lärm“ gibt Richtwerte vor
Von 2014 bis 2017 hat das Fraunhofer IML bereits ein Projekt zur geräuscharmen Nachtlogistik, kurz: GeNaLog, durchgeführt. Darin wurde erprobt, ob es technologisch möglich ist, Einzelhandelsfilialen in den Tagesrandzeiten und in der Nacht zu beliefern. Als Partner war unter anderem die REWE Group beteiligt, mit der am Ende eine fünfwöchige Testphase durchgeführt wurde. „Das Projekt hat gezeigt, dass diese Form der Belieferung technisch realisierbar ist“, sagt Arnd Bernsmann. „Es wurde aber unter anderem auch deutlich, dass die Abstimmung mit den Behörden aufwendig ist.“ In Deutschland gilt die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“, kurz: TA Lärm. Sie gibt Richtwerte vor, wie laut die Anlieferung nachts sein darf. Ein Dieselfahrzeug kann den strengen Vorgaben nicht gerecht werden. Es könnte nur unter der Maxime „Wo kein Kläger, da kein Richter“ nachts fahren: Erst wenn sich Anwohnende beschweren, messen Lärmgutachter nach und prüfen, ob die vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden.

»Es kann in Zukunft nicht alles nachts geliefert werden. Aber wenn man einen Teil verlagern und die freien Kapazitäten auf den Straßen nutzen kann, profitieren alle davon.«
Daniela Kirsch, Diplom-Logistikerin, Fraunhofer IML
Auch Fahrerverhalten trägt zur Lärmemission bei
Auch tagsüber umweltfreundlicher und leiser unterwegs
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