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Text: Michi Jo Standl
Fotos: Jennifer Zumbusch
Im Jahr 2018 haben die Menschen in Deutschland rund 20,5 Liter Wein pro Kopf konsumiert. Dabei werden regionale Weine immer beliebter: Laut aktueller GfK-Weinmarktanalyse verkaufte der Lebensmitteleinzelhandel im ersten Halbjahr 6,1 Prozent mehr heimischen Wein als im Vergleichszeitraum 2018 – eine positive Entwicklung auch für die Weinlogistiker. Doch mit welchen Herausforderungen sehen sie sich konfrontiert?
Weinlogistik ist ein Segment zwischen Tradition und zukunftsfähigen Herausforderungen. „Eigentlich wollte ich gar nicht in die Branche einsteigen, es hat sich so ergeben“, erzählt Nadja Hartje. Die Firma gründete ihr Urgroßvater Johann Müller 1935 als Transportunternehmen. Seit damals hat sich die heutige GmbH zum modernen Logistikpartner entwickelt. Das Unternehmen ist nicht das einzige in der Region, das auf Weinlogistik spezialisiert ist. „Zu den Mitbewerbern haben wir ein gutes Verhältnis, wir unterstützen uns teilweise gegenseitig“, freut sich die Speditionschefin.



Die Region Saar-Mosel-Ruwer
Das Weinanbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer erstreckt vom Saarland bis nach Rheinland-Pfalz, wo der größte Teil liegt. Saar und Ruwer sind Nebenflüsse der Mosel. Typisch für die Region, die aus sechs Anbaugebieten besteht, sind die Steillagen. In Calmont befindet sich mit 100 Prozent Steigung der steilste Weinberg Europas.
Anzahl der Winzerbetriebe
Gesamtgröße der Rebflächen
Hektar
Anzahl der Weinreben circa
Millionen
Ø-Weinproduktion jährlich
Hektoliter
Quelle: Moselwein e. V.


Logistik-Allrounder für die Weinbranche
Die Spedition Johann Müller organisiert den kompletten Warenfluss der Winzerprodukte – vom Produzenten bis zum Verbraucher, aber auch in Richtung der Weinanbaubetriebe: Sie versorgt die Weinbaubetriebe auch mit Hilfsmitteln wie Hohlglas, Kartonagen und Verschlüssen. „Wir sind ein Logistik-Allrounder für die Weinbranche“, bringt sie das Tätigkeitsspektrum auf den Punkt. Die Spedition steuert im Herbst im Auftrag von Kellereien und Winzergenossenschaften etwa 50 Abholstellen an der Mosel, in der Pfalz und in Rheinhessen an. Dazu zählen auch Sammelstellen, zu denen viele Weinbaubetriebe ihre Produkte bringen.
Die Tätigkeit des Unternehmens besteht aus zwei großen Bereichen. Einerseits holen die Fahrer bei den Winzern mit Planenaufliegern Vollgut ab, also fertig befüllte Flaschen, und bringen diese direkt in die Zentrallager der Handelsketten. Die Lieferung an größere Gastronomie- und Hotelbetriebe ist zwar nicht Teil des Kerngeschäfts, kommt aber auch von Zeit zu Zeit vor. „Da es hier um kleinere Mengen geht, arbeiten wir in dem Bereich mit Subunternehmern“, erklärt Nadja Hartje. Die Kunden profitieren auch von 3.500 Palettenstellplätzen auf etwa 2.500 Quadratmeter Lagerfläche. Weitere 6.000 Quadratmeter sind in Planung. Integriert sind ein Kommissionierungslager und ein Umschlagbereich. Zusätzlich betreibt die Spedition Außenlager direkt an den Logistikketten.
Der zweite Tätigkeitsbereich ist der Transport von Wein und Most in Edelstahltanks zu den Kellereien, in denen die Ware in Flaschen, Dosen und sogenannten Bags-in-Boxes, also Kartonagen mit Zapfhahn, abgefüllt wird. Dazu stehen 14 BDF-Tankausrüstungen – Anhänger und Wechselbrücken für die MAN-Zugmaschinen – sowie drei Tanktrailer zur Verfügung. Die Tanks lassen sich in verschiedene Kammern unterteilen. So ist es möglich, mit einem Transport mehrere unterschiedliche Weinsorten zu befördern. Die Lebensmitteltanks können flexibel und kurzfristig durch einfaches Umbrücken eingesetzt werden.
Maßnahmen gegen den Fahrermangel

Klimawandel hat Einfluss auf Weinlogistik
Ein zweites großes Thema ist der Klimawandel. „Natürlich beschäftige ich mich mit der Zukunft der Mobilität, also mit alternativen Antrieben“, sagt Nadja Hartje. „Aber für große Zugmaschinen gibt es schlichtweg noch keine umsetzbaren Lösungen. Das ist alles noch Theorie.“ Mit dem spezifischen Transportgut, dem Wein, muss sie sich aber praktisch beschäftigen. Denn während fertiger Wein das ganze Jahr über befördert wird, geht Most aus frisch gekelterten Trauben ausschließlich im Herbst in den Transport. Gerade Riesling-Trauben mögen es kühler. Wenn es länger warm ist, kann sich der disponierte Transport verzögern. „Deshalb müssen wir flexibel sein“, erklärt Hartje. Dazu kommen stärkere Wetterschwankungen: Plötzlicher Starkregen schadet den Reben genauso wie zu wenig Wasser. Auch deshalb kann es zu Verzögerungen oder sogar Ernteausfällen kommen. Den gleichmäßigen Landregen, der für einen ausgewogenen Wasserhaushalt der Pflanzen sorgt, gibt es aufgrund des Klimawandels immer seltener. Wissenschaftler und Agrarbehörden beschäftigen sich mit der Thematik. In einer aktuellen Studie hat die Hochschule Geisenheim in Hessen die Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinanbau untersucht. Auch das Thünen-Institut in Braunschweig, eine Einrichtung des Bundeslandwirtschaftsministeriums, forscht in diesem Bereich. Von den Ergebnissen profitieren sowohl die Winzer als auch die Weinlogistiker. Nadja Harte erklärt: „Wir haben uns darauf eingerichtet und sehen uns auch vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen für die Zukunft gut aufgestellt.“
Es ist schön zu lesen, dass Sie zu Ihren Mitbewerbern ein gutes Verhältnis haben. Das ist bei uns auch so. Ich kaufe auch nur noch Wein, der in Europa produziert wird, so kann man den Transport kurz halten. Ein anderer Faktor ist natürlich die Lagerhaltung.
Guter Artikel , mich würde aber interessieren was man tun müsste damit solche Unternehmen zum Beispiel Kombinierten Verkehr in Erwägung ziehen.
Wir sind sicher, dass https://spedition-mueller.net/ alle Optionen in Erwägung gezogen hat – aber das ist eine interessante Frage! Was wäre deiner Meinung nach der Vorteil? LG, dein motionist.com-Redaktionsteam