Transport in neue Sphären

Lesezeit ca. 3 Minuten
Text: Juliane Gringer
Fotos: Volocopter, Schwarzmüller

Das deutsche Unternehmen Volocopter will mit elektrisch angetriebenen Drohnen Menschen und Waren in der Luft befördern. Das könnte schon in rund zwei Jahren Realität werden: Die Technologie ist reif, und viele Investoren unterstützen die Idee. Nun fehlt nur noch die Zertifizierung, damit die Fluggeräte in der Innenstadt zugelassen werden können.

Einfach von der Erde abheben und Waren durch die Luft transportieren: Das kann VoloDrone, die Frachtdrohne von Volocopter. Das vielgehypte deutsche Luftfahrtunternehmen macht mit seinen elektrisch angetriebenen Fluggeräten eine aufregende neue Form von Mobilität möglich. In Zukunft sollen Menschen und Waren in der Stadt schnell, sicher und emissionsfrei fliegen können. Das macht Platz frei auf den Straßen und entlastet damit den urbanen Verkehr am Boden. Bisher hat Volocopter drei Modelle entwickelt: VoloCity fliegt Menschen in der Stadt sicher an ihr Ziel. Der etwas größere VoloRegion kann mehr Personen mitnehmen, weitere Strecken fliegen und ist dabei auch schneller. VoloDrone ist als Cargo-Drohne auf die Beförderung von Lasten ausgelegt. Alle Modelle basieren auf Drohnen-Technologie, können autonom fliegen sowie senkrecht starten und landen – der Platz, den sie dafür brauchen, ist verschwindend gering gegenüber herkömmlichen Flughäfen und ihren Landebahnen.

Straßenverkehr nicht ersetzen, sondern Mehrwert bieten

Kann man damit den Verkehr in den Luftraum verlagern? „Volocopter will den Transport in den städtischen Ballungsgebieten nicht ersetzen, sondern ergänzen“, sagt Helena Treeck, Head of Public Relations der Volocopter GmbH. „Wir werden auch Autos nicht überflüssig machen. Aber unsere Fluggeräte können an vielen Stellen einen Mehrwert bieten.“ Das gelte insbesondere im Cargo-Bereich – überall dort, wo der Transport an Grenzen stößt, etwa aufgrund der Bodenbeschaffenheit oder der Topografie: „Wenn man an Fjorde in Norwegen denkt, an Transporte auf Bohrinseln oder von der Küste auf ein Schiff und zurück, kann die Technologie viel ermöglichen.“

»Volocopter soll den Transport in den städtischen Ballungsgebieten nicht ersetzen, sondern ergänzen.«

Helena Treeck, Head of Public Relations der Volocopter GmbH

Das „Flugtaxi“ VoloCity für Menschen lässt sich insbesondere auf Routen durch historisch gewachsene Städte einsetzen. „In der Londoner City gibt es nun mal die Themse und alte Straßen – die kann man nicht umbauen. Und auch eine U-Bahn kann nur in einer gewissen Taktung fahren, die Kapazitäten sind einfach begrenzt“, so Treeck. VoloCity kann aber Reisende vom Flughafen in 20 Minuten in die Stadt bringen – auf einer Strecke, für die sie in London mit dem Taxi aufgrund von Staus fast zwei Stunden bräuchten.

Neuer Standard

Die Technik ist reif, doch der rechtliche Rahmen für den Einsatz von Drohnen im alltäglichen Verkehr ist noch nicht gesteckt. Es braucht die Zertifizierung für den Einsatz in Innenstädten, bevor Volocopter flächendeckend starten kann. „Wir arbeiten schon seit fünf Jahren mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit zusammen“, erklärt Helena Treeck. „Da unsere Fluggeräte ganz neu sind, zertifizieren wir auch einen neuen Standard, und entsprechend herausfordernd ist der Prozess. Wir sind aber schon auf der Zielgeraden. Volocopter ist deshalb auch keine Zukunftsmusik,. Wir erwarten, dass die kommerzielle Nutzung in den kommenden zwei Jahren möglich wird.“

»Volocopter ist keine Zukunftsmusik. Wir erwarten, dass die kommerzielle Nutzung in den kommenden zwei Jahren möglich wird.«

Helena Treeck, Head of Public Relations der Volocopter GmbH

An die Idee und Technologie von Volocopter glauben viele: Im Frühjahr 2022 mit 1,5 Milliarden Euro bewertet, gaben Investoren allein in der jüngsten Finanzierungsrunde 182 Millionen Euro. Das Geld soll in erster Linie in die Zertifizierung des VoloCity sowie in die Eröffnung der ersten kommerziellen Routen fließen. Letztere sind für Metropolen wie Singapur, Rom, New York und Paris geplant, wo teilweise bereits Tests laufen. In Paris wurde im November 2022 ein „Vertiport“ eröffnet, in dem die Fluggeräte unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden können.

Trailer wird zum Start- und Landeplatz

Neben den Fluggeräten selbst braucht man eine spezielle Infrastruktur, die Volocopter ebenfalls aufbaut: Der Start- und Landeplatz „VoloPort“ findet beispielsweise auf Hochhausdächern Platz. Der Nutzfahrzeughersteller Schwarzmüller hat in Kooperation mit Volocopter einen Trailer zum „Mobile Vertipad“ umgebaut – einer mobilen Start- und Landeplattform für eine elektrisch angetriebene Schwerlastdrohne. Dabei wird auf das Fahrwerk ein Ladecontainer gebaut, und der Anhänger kann sich per Knopfdruck zu einer kreisförmigen Platte mit 20 Meter Durchmesser entfalten.

Nutzfahrzeughersteller Schwarzmüller macht aus einem Trailer eine mobile Start- und Landeplattform mit 20 Meter Durchmesser für die Schwerlastdrohne VoloDrone. Auf das Fahrwerk wird ein Ladecontainer gebaut, der sich per Knopfdruck zu einer kreisförmigen Platte auffaltet.
VoloDrone hat derzeit eine Reichweite von 30 bis 40 Kilometern – dann müssen die Batterien getauscht werden, was in rund fünf Minuten erledigt ist. Mit Weiterentwicklung der Batterietechnologie erwartet das Volocopter-Team höhere Reichweiten und die Kraft, mehr Last zu tragen. VoloDrone kann heute bis zu 200 Kilogramm in der Größe einer Standardpalette aufnehmen.

Eine neue Art der Mobilität

Laut Helena Treeck wird sich Volocopter als neue Art der Mobilität in die Städte und deren etablierte Abläufe einfügen müssen. „In Zukunft kann man dann wählen, ob man die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt, ein Carsharing-Angebot, einen E-Roller oder einen Volocopter“, sagt sie. „Wichtig ist, dass alles wirklich integriert wird.“ Am Anfang werde es für Volocopter vorrangig Punkt-zu-Punkt-Verbindungen geben, die Verkehrsknotenpunkte anfliegen. „Es wird zunächst eine weitere Möglichkeit sein, von A nach B zu kommen – und in rund einem Jahrzehnt ein normaler Teil unseres Stadtbildes sein.“
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