Trailerkühlung ohne direkte Emissionen

Lesezeit ca. 4 Minuten
Text: Oliver Schönfeld
Fotos: BPW, Shutterstock

Die Anforderungen an emissions- und geräuscharme Transporte insbesondere in der Inner-City-Logistik wachsen. Eine effiziente, autonom angetriebene Trailer-Kältelösung, die BPW Bergische Achsen in Kooperation mit Thermo King entwickelt, soll die Ökobilanz nachhaltig verbessern. Zurzeit laufen Erprobungen im Echtbetrieb, der Start der Serienfertigung ist für das vierte Quartal 2022 geplant.

Ob Paris, Brüssel, Amsterdam, London oder Mailand: Zahlreiche europäische Metropolen setzen bereits strengere Regularien für Gütertransporte, Zugangsverordnungen oder – tageszeitabhängige – Zero-Emission-Zonen im urbanen Umfeld um. Mit dem Green Deal der Europäischen Union dürften die Einschränkungen in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Das wird zur Herausforderung insbesondere für die Kühllogistik, die für die tägliche Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar ist.

»Diese integrierte Gesamtlösung ist ein wichtiger Beitrag zum Durchbruch des emissionsfreien Kühltransports.«

Thore Bakker, General Manager Trailer Solutions & Mobility Services BPW Bergische Achsen

Elektrisierende Zukunft der Kühllogistik

Gefragt sind daher Lösungen für temperaturgeführte Transporte, die eine möglichst geräuscharme und CO2-freie Inner-City-Kühllogistik ermöglichen. Eine gemeinsam von Thermo King und BPW Bergische Achsen entwickelte Technologie zielt auf Energiegewinnung ab: Die beim Fahren und Bremsen entstehende Energie wird als kontinuierliche, nachhaltige Stromquelle für Trailer-Kältemaschinen genutzt. Das funktioniert unabhängig von der Zugmaschine, sodass Flottenbetreiber die Lösung flexibel für ihren gesamten Fuhrpark verwenden können. Das vollintegrierte System kombiniert Hybrid- oder vollelektrische Trailer-Kältemaschinen von Thermo King mit der Energie erzeugenden ePower-Achse von BPW und schafft damit eine autonom angetriebene Trailer-Kältelösung. Das Prinzip dahinter: Die beim Rollen, Bergabfahren oder Bremsen des Fahrzeugs erzeugte Energie wird in einer Hochspannungsbatterie gespeichert und anschließend verwendet, um die Kältemaschine zu versorgen und die Ladung jederzeit auf optimaler Temperatur zu halten. „Damit leisten wir gemeinsam einen Beitrag zum Durchbruch des emissionsfreien Kühltransports“, sagt Thore Bakker, General Manager Trailer Solutions & Mobility Services bei BPW.

Emissionen reduzieren, Kosten senken

Mit ihrem leisen Lauf und ohne Ausstoß von CO2 ermöglicht die Technologie den innerstädtischen Lieferbetrieb auch in Umwelt- und Niedrigemissionszonen. Die Nachhaltigkeitsbilanz umfasst sowohl eine ökologische als auch eine ökonomische Dimension: Emissionen und Geräusche gehen zurück, und die laufenden Betriebskosten sinken sofort – ein wichtiges Argument gerade in Zeiten hoher Energiepreise. „In einer preissensiblen Branche wie dem kommerziellen Transportwesen ist das besonders wichtig“, betont Laurent Debias, Produkt- und Marketing-Direktor bei Thermo King für Europa, den Nahen Osten und Afrika. „Die Technologie ist ein bedeutender Fortschritt – sowohl für die betriebliche Flexibilität als auch für die langfristige Nachhaltigkeit von Flotten mit Kühltrailern.“ Geräuscharme Kühltrailer sind besonders für den Einsatz in der Nacht interessant: Mit ihnen kann man Lieferzeitfenster vom Verkehr am Tag und von möglichen Stoßzeiten entkoppeln. In den Niederlanden ist das bereits möglich, in Deutschland muss sich die Gesetzgebung noch für neue Fahrzeugkonzepte öffnen.

Erprobungen in vollem Gang

Die Entwicklungsphase ist nahezu abgeschlossen, im Frühjahr 2022 laufen umfassende Felderprobungen mit ausgewählten Kunden. Bei dieser Customer-Experience-Tour können  potenzielle Anwender die Technologie selbst erleben. Mit Stopps in Deutschland, den Benelux-Ländern, Skandinavien und Spanien deckt die Tour unterschiedlichste klimatische Rahmenbedingungen ab. Der Beginn der Serienproduktion ist für das vierte Quartal 2022 vorgesehen. „Die Nachfrage ist bereits jetzt sehr hoch und zeigt, wie groß das Bestreben in der Kühllogistik ist, die ökologische Effizienz zu verbessern“, schildert Thore Bakker. Zum Start werden eine hybride und eine vollelektrische Konfiguration erhältlich sein. Die beiden verfügbaren Batteriepakete mit Kapazitäten von 19 oder 38 Kilowattstunden decken unterschiedlichste Anwendungssituationen ab. Umfassende Simulationen haben ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis und einen attraktiven Return on Investment in wenigen Jahren für Fahrstrecken bis 300 Kilometer pro Schicht ergeben. Aufgrund der Energiegewinnung im Fahrbetrieb sind aber auch größere Distanzen mit zuverlässiger Kühlung möglich.

Serienzulassung angestrebt

„Die kundenspezifischen Kühllösungen fügen sich nahtlos in die Prozesse der Fahrzeughersteller ein. Ob Luftfederung, Federmitten, Wheelends oder Schnittstellen – nichts ändert sich, nichts muss neu konstruiert werden“, erläutert Thore Bakker einen weiteren Vorteil. „Neben den vielen Testkilometern befinden wir uns im laufenden Kontakt mit Zertifizierungsstellen und Verbänden. Wir arbeiten intensiv an einer Serienzulassung für das neue Produkt.“ Das werde Trailerherstellern die Implementierung nochmals erleichtern. Nicht nur die Technologie von Energierückgewinnung und Trailerkühlung ist hochgradig integriert – die beiden Partner haben auch ein integriertes Nutzungskonzept entwickelt, von Finanzierungs- und Leasingmodellen über vollumfängliche Telematik bis hin zu ihren europaweiten Servicenetzen für Betriebssicherheit und jederzeitige Mobilität.

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