Innovation im Fahrzeugbau: Trailer rangieren leicht gemacht

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Trailer schneller rangieren Mai 2020 | Success Story

Lesezeit ca. 4 Minuten Text: Stefan Bottler Fotos: Pia Simon
Der bayerische Traditions-Fahrzeugbauer Martin Reisch GmbH produziert hochwertige Anhänger für die Agrar- und Nutzfahrzeugindustrie. Mit einer neuen Zusatzlenkung können die Kunden nun schneller und leichter rückwärts rangieren.

350 Einwohner, eine Kirche, die Feuerwehr und eine Filiale der Raiffeisenbank: Das ist Hollenbach, ein kleiner Ort zwischen Augsburg und Ingolstadt. Auf den angrenzenden Feldern wachsen Raps, Dinkel, Sojabohnen und Mais – Landwirtschaft, wohin man schaut. Industriebetriebe scheinen hier nicht zu existieren. Wer jedoch in die letzte Seitenstraße vor dem Ortsausgangsschild abbiegt und bis an deren Ende fährt, wird eines Besseren belehrt: Über mehr als 100.000 Quadratmeter erstrecken sich vier riesige Werkshallen der Martin Reisch GmbH. Rund 160 Mitarbeiter stellen dort Nutz- und Agrarfahrzeuge her. Weitere 60 arbeiten in Eliasbrunn in Ostthüringen, wo Reisch 1992 ein Zweigwerk eröffnet hat – ebenfalls in einem Dorf mit nur rund 300 Einwohnern. Innerhalb von knapp 70 Jahren ist das Unternehmen, das 1951 als Schlosserei gegründet wurde, vom kleinen Handwerksbetrieb zum mittelständischen Fahrzeugbauer herangewachsen – mit rund 26 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2018. „Mit unseren hochwertigen Fahrzeugen helfen wir unseren Kunden ihre individuelle Transportaufgabe zu lösen“, so der Geschäftsführer Dietmar Gstrein. Rund 1.100 Fahrzeuge verlassen jährlich das Werk. Das Produktspektrum ist groß: Für den Nutzfahrzeugmarkt stellt Reisch Sattelauflieger her, die vor allem Schüttgut und Stückgut in großen Volumina transportieren. Für den Agrarbereich werden insbesondere 3-Seiten-Kipper hergestellt.

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»Mit unseren hochwertigen Fahrzeugen helfen wir unseren Kunden, ihre individuelle Transportaufgabe zu lösen.« Dietmar Gstrein, Geschäftsführer, Martin Reisch GmbH

Individuelle Lösungen

„Unsere Produktion zeichnen sich durch eine große Wertschöpfungstiefe aus“, betont Gstrein. Ein gut eingespieltes Team aus Technikern entwickelt individuelle Lösungen für uns zusammen mit unseren Kunden. Die Fertigungsmannschaft arbeitet mit modernsten Fertigungstechniken, weshalb eine große Fertigungstiefe möglich ist. Teile wie Bremsen oder Achsen kauft Reisch hinzu – und legt auch dabei Wert auf einwandfreie Qualität: Für Nutzfahrzeuge setzt der Fahrzeugbauer regelmäßig Achsen von BPW Bergische Achsen ein. „Wir arbeiten schon seit 1951, also seit der Unternehmensgründung, zusammen“, erläutert Gstrein. „Viele Innovationen, die BPW in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat, konnten auch wir nutzen.“ Ob neue Fahrwerke oder weitere Komponenten wie Beleuchtung für Auflieger und Anhänger: Der Fahrzeughersteller prüft immer, ob Innovationen aus der BPW Gruppe auch die eigenen Reisch-Fahrzeuge verbessern. Das war bei der Nachlauf-Lenkachse „LL“ nicht anders. Mit ihr als letzter Achse eines Aufliegers lenkt das Fahrzeug bei Kurvenfahrten hervorragend leicht ein. Wenn die neue elektrohydraulische Zusatzlenkung Active Reverse Control (ARC) zusätzlich installiert wird, kann das Fahrzeug zusätzlich schneller und automatisch rückwärts rangieren.

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Active Reverse Control – die innovative elektrohydraulische Zusatzlenkung von BPW Bergische Achsen

Umweltfreundlich fahren und Geld sparen

Im Gegensatz zu konventionellen Achsen benötigt die LL-Achse keine speziellen Stabilisationselemente. Weil Achskörper und Achsschenkel über Lenkbolzen mit wellenförmigen Drucklagern verbunden sind, kann die Nachlauf-Achse die Räder bei der Vorwärtsfahrt immer haargenau dem Kurvenradius anpassen – ganz ähnlich dem Prinzip eines Einkaufswagens. Wenn sie mit der ARC ausgerüstet ist, sorgt die Elektrohydraulik dieser Zusatzlenkung zusammen mit einem besonderen Sensor für denselben Effekt auch beim Rückwärtsfahren. Die dabei auftretenden Reifenseitenkräfte werden bei Rangiermanövern optimal auf alle Achsen verteilt und erhöhen deren Laufleistung. Den Fahrzeugbauern von Reisch war bewusst, dass viele Kunden ihre Arbeit mit der ARC leichter verrichten können. „Wer auf schwierigem Untergrund unterwegs ist, muss häufig rückwärtsfahren und manövriert dann in der Regel auf engstem Raum“, sagt Reisch-Techniker Robin Hirschbeck. Mit diesem Argument konnte Reisch bereits einige Kunden überzeugen – in den kommenden Wochen werden die ersten Fahrzeuge mit der Active Reverse Control ausgeliefert. „Mit der LL-Achse plus ARC spart der Fahrzeugnutzer richtig Geld“, argumentiert Geschäftsführer Gstrein. „Weil die Reifenseitenkräfte auf alle Achsen verteilt werden, ist der Reifenabrieb deutlich geringer.“ Das erhöht die Laufleistung der Pneus bei der Hinterachse um bis zu 70 Prozent. In der Folge sinkt der Treibstoffverbrauch deutlich: Auf rund 100.000 Kilometer spart der Nutzer bis zu 1.000 Liter Diesel. Auch viele Altfahrzeuge lassen sich mit der ARC nachrüsten.

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Bei der Active Reverse Control sorgt eine Elektrohydraulik dafür, dass der Lenkmechanismus der Achse beim Rückwärtsfahren nicht blockiert wird.

Dietmar Gstrein erwartet, dass auch zahlreiche Nutzer von Schubbodenfahrzeugen an der innovativen Zusatzlenkung interessiert sind. „Häufig werden diese Trailer in Hallen mit geringer Deckenhöhe entladen, in denen Kippvorgänge nicht möglich sind“, sagt der Geschäftsführer. „Da müssen die Fahrer ebenfalls auf engstem Raum manövrieren.“ Der Fahrzeugbauer hat sich vor allem mit diesen Schubboden-Trailern, mit denen auch Stückgut, Palettenware und sperrige Güter wie Papierrollen transportiert werden können, einen Namen gemacht und mehrere Sonderanfertigungen entwickelt. Mit ihren hydraulisch angetriebenen, beweglichen Gleitböden lassen sich Transportgüter in Schubbodenfahrzeugen besonders leicht umschlagen. Mit solchen Lösungen will Gstrein die Martin Reisch GmbH in die Zukunft führen. Der österreichische Unternehmer hat mit seinem Partner Clemens Gapp den Fahrzeugbauer Ende 2019 von Markus Schoder mehrheitlich übernommen. Der Enkel des früh verstorbenen Gründers Martin Reisch, der das Unternehmen 2001 in dritter Generation übernommen hatte, hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten beide Standorte in Bayern und Thüringen ausgebaut und das Unternehmen dauerhaft auf Wachstumskurs gebracht. Den wollen die neuen Geschäftsführer fortsetzen – und dabei an beiden Standorten in ländlicher Idylle festhalten. „Wir setzen auf Mitarbeiter, die sehr gerne auf dem Land leben“, sagt Gstrein. Solche gibt es offenbar in ausreichender Zahl. Mit Fachkräftemangel hatte Reisch bislang nicht zu kämpfen.

Clemens Gapp (links) und Dietmar Gstrein wollen den Erfolgskurs von Reisch fortsetzen. Click to rate this post![Total: 5 Average: 5]

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