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Text: Wolfgang Tschakert und Peter Büttner
Fotos: BPW
Weitermachen, wenn andere aufhören: Die hydraulische Antriebsachse AGRO Drive von BPW macht Gespanne wieder flott, bevor sie stecken bleiben. Ein hydrostatischer Fahrantrieb hält Anhänger und Arbeitsmaschinen in Bewegung.
Der Fendt-Traktor muss schon seine gesamte Antriebsleistung mobilisieren, um mit dem fast 40 Tonnen schweren Gespann durch das nasse Feld zu pflügen. Es nützt nichts – plötzlich steckt das Fahrzeug mit Hänger fest. Trotz des permanenten Allradantriebs und hochspezialisierter Offroad-Reifen bringt der Hochleistungstraktor sein gewaltiges Drehmoment nicht mehr auf den Boden. Der schwere Güllefass-Anhänger im Schlepp baut unter seinen breiten Niederdruckreifen immer mehr Rollwiderstand auf. Ein größerer Flurschaden ist jetzt nicht mehr weit: Führe sie weiter, würde sich die Zugmaschine eingraben und tiefe Spuren hinterlassen.
Auf weichen, lockeren Böden oder bei Hangfahrten stoßen Agrarfahrzeuge oft an ihre Grenzen. Doch Peter Lindner, Leiter Vertrieb Agrar Deutschland bei BPW, hat für diese Fälle eine gute Nachricht: „Um das Anfahren auf solchen Untergründen zu erleichtern und ein Steckenbleiben zu verhindern, haben wir eine hydraulische Antriebsachse für landwirtschaftliche Anhänger entwickelt.“ BPW AGRO Drive heißt die Lösung, die im Einsatz den Unterschied macht – denn mit dem Zusatzantrieb bleiben Gespanne selbst unter schwierigsten Bedingungen in Fahrt. Auf Knopfdruck kann der Traktorfahrer dem Fahrzeug im entscheidenden Moment vorwärts wie rückwärts zusätzlichen Schub verleihen.
Das Prinzip ist einleuchtend: AGRO Drive verteilt die vorhandene Antriebsleistung auf eine Achse mehr. Die sitzt gut ausgelastet direkt unter dem Ladungsträger und schiebt genau dort an, wo das Gespann sonst nur Rollwiderstand erzeugt. „Da sie den Vortrieb aber nur bei Bedarf unterstützt, zweigt sie ansonsten keine Antriebsleistung ab. Das spart kostbare Energie“, erklärt Lindner.
Größer und schwerer
Bedarf ist zweifellos vorhanden: Noch im vergangenen Herbst mussten viele Lohnunternehmer leidvoll erfahren, was es heißt, aufgrund von Nässe ihre Flächen nicht befahren zu können. Auch mit Blick auf die Folgen der novellierten Düngeverordnung, durch die künftig im Frühjahr in engen Zeitfenstern deutlich größere Mengen an Gülle und Gärreste auszubringen sind, bietet AGRO Drive enorme Vorteile: Das kostspielige Warten auf optimale Bodenverhältnisse kann endlich entfallen. „Nicht mehr der günstigste Lohnunternehmer bekommt den Zuschlag, sondern derjenige, der die Flächen überhaupt noch befahren kann“, schildert Peter Lindner.
BPW reagiert mit der Neuentwicklung auf die Hinweise vieler Nutzer, Antriebsachsen einsetzen und damit flexibler sein zu wollen. „Für uns war das Neuland, aber es passt hervorragend zu unserer Strategie, bei Nutzfahrzeugen im Fahrwerks- und Antriebsbereich ein wirklich vollständiges Portfolio für den Agrarbereich anzubieten, besonders in außergewöhnlichen Anwendungsbereichen“, so Lindner. Die Voraussetzungen für den Anhängerantrieb sind dabei sehr überschaubar: Man benötigt lediglich eine Zugmaschine mit Arbeitshydraulik, über die die meisten modernen Traktoren heute ohnehin verfügen.

Zwei Fahr- und Arbeitsgeschwindigkeiten

Vielseitig verwendbar
Darüber hinaus lässt sich über eine serienmäßige Schnittstelle problemlos ein Reifendruckregelsystem installieren. Damit kann der Fahrer unterwegs die modernen Niederdruckreifen seines Agraranhängers an extreme Bodengegebenheiten anpassen. Zudem ist es möglich, Drehzahl, Drehrichtung- und ABS-Sensoren in die Achse zu integrieren, um Informationen für weitere Anwendungen aus der Achse zu erhalten. Für das Antriebssystem spricht auch das geringe Zusatzgewicht der hydraulisch angetriebenen Achse: Nur etwa 350 Kilogramm bringt die AGRO-Drive-Achse mehr auf die Waage.
Für die Kunden kann sich die Anschaffung der Antriebsachse durchaus auch unter wirtschaftlichen Aspekten lohnen – nämlich dann, wenn die Nutzung den Kauf einer leistungsstärkeren Zugmaschine überflüssig macht. So lassen sich Anhänger mit AGRO-Drive-Achsen auch mit leistungsschwächeren Traktoren betreiben.
In der AGRO-Drive-Achse bündelt BPW sein gesamtes Fahrwerks-Know-how. Entwickelt wurden die Achsen gemeinschaftlich von Vertrieb, Anwendungsberatung und Konstruktion, produziert werden sie im ungarischen Werk, das BPW unter anderem zu seinem Kompetenzzentrum für Agrarfahrwerksysteme ausgebaut hat – mit eigenem Versuchszentrum inklusive Bremsprüfstand und Hydropulsanlage. Das System ist ein gutes Beispiel für die vielen Neuentwicklungen, mit denen BPW Agrar sein Produktportfolio derzeit erweitert.

Ein weiterer Meilenstein ist zweifellos die Erweiterung des Angebots um eine Achsfamilie mit neun Tonnen Achslast – wodurch das Unternehmen das Spektrum nach unten abgerundet hat. Darüber hinaus hat BPW das Angebot im oberen Segment der schweren Achsen erweitert. „Unser Anspruch ist es, für alle Anwendungsbereiche passende und wirtschaftliche Lösungen anzubieten“, berichtet Mátyás Andrási, Konstruktionsleiter bei BPW-Hungária. Das Unternehmen ist auf einem guten Weg.
Agrarprodukte aus dem BPW Kompetenzzentrum
Die AGRO-Drive-Achse wird von BPW-Hungária Kft. am Standort Szombathely im Nordwesten Ungarns gefertigt. Die 100-prozentige Tochtergesellschaft der BPW Bergische Achsen KG ist das Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen in der Unternehmensgruppe. Das Produktportfolio reicht von Laufachsstummeln über Einzelachsen bis hin zu kompletten Tridem-Fahrwerken mit Rahmen inklusive Federung und montierter Bremsanlage. Mehr als 1.500 Mitarbeiter fertigen in Ungarn die hochwertigen und technisch anspruchsvollen Achsen und Fahrwerksysteme. Der Vertrieb der Agrarprodukte erfolgt über das weltweite Netzwerk der BPW Gruppe.