Smart und vernetzt bis zur letzten Meile

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Text: Oliver Schönfeld
Fotos: iStock, BPW

Die Mobilität von morgen ist smart, vernetzt, elektrifiziert und automatisiert – und die Umsetzung ist schon viel weiter gediehen, als so mancher vermuten würde: So lassen sich die Erkenntnisse des 13. Wissenschaftsforums Mobilität der Universität Duisburg-Essen zusammenfassen.

„Die Transformation der Mobilität hat sich stark beschleunigt, gerade was den Kundennutzen aus neuen Geschäftsmodellen und das Enabling durch Datenplattformen und Technologien angeht“, erklärte Heike Proff, Leiterin des Wissenschaftsforums Mobilität und Professorin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Internationales Automobilmanagement an der Universität Duisburg-Essen. Auch NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst ist überzeugt: „Mobilität muss besser, sicherer und sauberer werden. Digitalisierung und Vernetzungen bieten Chancen dafür, von denen wir vor zehn oder 15 Jahren nur träumen konnten.“ Wie aus diesen Chancen neue Mobilitätskonzepte werden können, diskutierten die Teilnehmer des 13. Wissenschaftsforums Mobilität im Juni 2021 einen Tag lang im Rahmen zahlreicher Referate und Sessions. Dabei wurden unter anderem On-Demand-Verkehre, intermodale Mobilität und neue Ideen für die letzte Meile in der Logistik beleuchtet – vom E-Scooter über das Lastenfahrrad bis zum Zustellroboter.

»Mobilität muss besser, sicherer und sauberer werden.«

Hendrik Wüst, Verkehrsminister Nordrhein-Westfalen

Smarte Lösungen für die letzte Meile

Plattformlösungen und Kooperationen verschiedener Anbieter von Logistikdienstleistungen könnten eine Smart-Last-Mile-Logistik ermöglichen, erläuterte Dr. Ani Melkonya vom Zentrum für Logistik und Verkehr an der Universität Duisburg-Essen. Ein weiterer bedeutender Zukunftstrend aus ihrer Sicht ist die „Stille-Nacht-Logistik“: Sie werde Lärm und Emissionen bei der Belieferung in Innenstädten reduzieren. Wie realistisch eine vollautonome Logistik auf der letzten Meile ist, beleuchtete Dr.-Ing. Katharina Glock vom FZI Forschungszentrum Informatik. Sie berichtete, dass es derzeit weltweit 17 Pilotprojekte für vollautomatisierte, robotergestützte Zustellverfahren gibt – teils vorangetrieben durch große Player wie Amazon oder Alibaba. Der Weg bis zur Praxistauglichkeit scheint aber noch weit zu sein, vor allem die Schnittstelle vom autonomen Transport zur Übergabe an den Menschen ist laut der Expertin nicht vollends geklärt. Vorläufig finden daher laut Glock noch emissionsfreie Alternativen wie Lastenräder oder kompakte, nicht autonome Elektromobile die größere Akzeptanz.

Hyperloops und ihre Funktion in intermodalen Verkehren

Um gänzlich andere Transportwege und -distanzen mit Geschwindigkeiten jenseits von 600 Stundenkilometern ging es im Vortrag von Thomas Schüning, Professor für Werkstoffkunde, Fügetechnik und Lasermaterialbearbeitung an der Hochschule Emden/Leer. Er unterstrich die Bedeutung einer europäischen Hyperloop-Versuchsstrecke, wie sie in Lathen im Emsland über 31,5 Kilometer angestrebt wird. Schüning zufolge können die rasant schnellen Hyperloops in intermodalen, vernetzten Verkehren eine wichtige Rolle spielen: „Sie haben den Vorteil, mit Fracht relativ energiearm weite Strecken zurücklegen zu können. An Hubs kann dann eine automatisierte Verteilung bis hin zur letzten Meile erfolgen.“ Dabei seien sicherlich noch zehn bis 20 Jahre Entwicklung notwendig, räumte Schüning ein: „Dann sind Systeme vorstellbar, die einen deutlichen Beitrag zu nachhaltigen Transporten im Sinne des Green Deals der EU leisten können.“

Mehr Sicherheit und Effizienz durch starke Datennetze

Vernetzung und Digitalisierung in Mobilität und Logistik sind nicht vorstellbar ohne leistungsstarke Datennetze. Mit Blick auf den Mobilfunkstandard 5G zeigte Michael Reinartz, Director Consumer Service & Innovation bei Vodafone Deutschland, vielversprechende Perspektiven auf – von optimierter Parkraumbewirtschaftung per Vehicle-to-Vehicle-Kommunikation bis zu neuen Sicherheitsfunktionen. So könnten etwa schnelle Datennetze einen besseren Schutz von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrenden auf der Straße ermöglichen: „Kommunikationsnetze haben eine Vogelperspektive auf enge und schlechte einsehbare Kreuzungspunkte“, erläuterte Reinartz. Die Idee: Fahrzeuge können sich in Zukunft in ultraschnellen 5G-Netzen gegenseitig warnen und dadurch Unfälle bei Abbiegevorgängen verhindern. Die Technologie sei schon heute für derartige Dienste praxistauglich, allerdings reichen die Latenzzeiten beim 4G-Standard für viele Services nicht aus. Damit etwa Kollisionswarnungen rechtzeitig eintreffen, seien Latenzzeiten weit unter 30 oder 40 Millisekunden erforderlich. „5G ist der entscheidende Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel“, so der Experte in seiner Keynote.
Vernetzung und Digitalisierung werden in den kommenden Jahren schnell voranschreiten, darin dürften sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung einig sein. Mit dem „New Normal“ der Mobilität soll sich daher das 14. Wissenschaftsforum Mobilität am 23. Juni 2022 befassen – nach einem digitalen Event im Jahr 2021wird es dann hoffentlich wieder eine Präsenzveranstaltung im CityPalais Duisburg sein.
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