Moderne deutsche Ingenieurskunst

Lesezeit ca. 3 Minuten
Text: Manfred Schulze
Fotos: Thomas Meinicke Photography, KIROW ARDELT GmbH

Täglich werden Millionen Tonnen Güter bewegt. Dabei sind innovative Transportsysteme unverzichtbar. Der Maschinenbauer Kirow Ardelt aus Leipzig ist weltweit bekannt für die Konstruktion von Eisenbahnkranen und Schwerlasttransportern.

Es sind richtige Kraftpakete, die bei Kirow Ardelt im Leipziger Stadtteil Plagwitz entstehen: Eisenbahnkrane, die ganze Lokomotiven heben können, oder Schlackentransporter, die in Stahlwerken raumhohe Kübel voller glühender Masse bewegen. Das Unternehmen versteht sich als Pionier für besonders komplexe, intelligente und leistungsfähige Transportsysteme. Doch bevor die zum Einsatz kommen, stehen immer intensive Beratungsgespräche mit den Kunden auf dem Programm. Dabei wird die spezifische Aufgabenstellung geklärt und wie die Details von Infrastruktur und Prozesskette am Einsatzort aussehen. Die Experten von Kirow in Vertrieb und Konstruktion entwickeln dann den gewünschten Spezialtransporter.

Standort mit Tradition

Gunther Erdmann ist Projektingenieur bei Kirow. Der 43-Jährige verantwortet unter anderem die Planung der Abläufe: Er sorgt dafür, dass die Konstruktion entsprechend den Kundenanforderungen umgesetzt wird, betreut die Zulieferer und natürlich auch die einzelnen Fertigungsschritte. Am Ende einer Produktion stehen Belastungstests und schließlich die Abnahme durch die Behörden und den Kunden. „Das alles kann je nach Produkt durchaus bis zu zwei Jahre dauern“, berichtet Erdmann. Wenn er von seinem Schreibtisch im modernen Verwaltungsgebäude zur Montagehalle des Unternehmens läuft, geht er an Backsteingebäuden aus den 1920er-Jahren vorbei. Alte Schienen am Boden zeugen davon, dass der Leipziger Westen schon damals ein florierender Industriestandort war. Fest mit dem Stadtteil verbunden sind Namen wie Rudolph Sack, der Landmaschinen für Kunden in der ganzen Welt baute. Der markante Gebäudegiebel der Maschinenfabrik von Unruh & Liebig ist noch in einer Seitenstraße des Industrieviertels zu sehen: Es ist der Vorläufer des Unternehmens, aus dem die Kirow Ardelt GmbH hervorging.

Auf dem nahe gelegenen Prüffeld sieht man einen nagelneuen Eisenbahnkran in voller Aktion – diese Schienenriesen haben Kirow schon zu DDR-Zeiten zu großer Bekanntheit verholfen. „Sie sind rund um den Erdball unterwegs, nicht nur in Deutschland, Russland oder China, sondern zum Beispiel auch in Indonesien und Brasilien“, erzählt Erdmann.

Erfolgsgeschichte „Multi Mover“

Eines der leistungsfähigsten Transportsysteme entstand im Sommer 2018 für die MV Werften in Stralsund: Bis zu 380 Tonnen kann der neue „Multi Mover“ dort über das Werftgelände transportieren. Damit trägt er zum Beispiel eine komplette Rohbau-Schiffssektion und bringt sie mit einer Geschwindigkeit von bis zu sechs Kilo­metern pro Stunde zur Endmontage des Schiffskörpers. Die Werft nutzt bereits seit Jahren den „Multi Mover“ von Kirow und hat ihren Fuhrpark nun um ein viertes Fahrzeug erweitert.

Sechs Meter misst der „Multi Mover“ – in der Breite. Die Länge beträgt einschließlich der kompakten, unterhalb der Plattform montierten Fahrerkabine fast 18 Meter. Neben den drei hydraulisch angetriebenen Achsen verfügt das Fahrzeug noch über drei Lauf- und sechs Bremsachsen, die alle einzeln gelenkt werden können. „Um so ein anspruchsvolles Projekt zu realisieren, brauchen wir zuverlässige Partner mit viel Erfahrung“, erklärt Erdmann. „BPW bietet das Know-how und die passenden Produkte.“

»UM SO EIN ANSPRUCHSVOLLES PROJEKT ZU REALISIEREN, BRAUCHEN WIR ZUVERLÄSSIGE PARTNER MIT VIEL ERFAHRUNG.«

Gunther Erdmann, Projektingenieur bei Kirow Ardelt

Beim Stahlbau hat Kirow die Kompetenz im eigenen Unternehmen etabliert und fertigt zum Beispiel Stahlbaurahmen der Fahrzeuge selbst. „Wir haben das wohl größte Bohrwerk im Umkreis von 200 Kilo­metern“, berichtet der Projektingenieur stolz und zeigt auf eine dicke, vertikal aufgerichtete Stahlbaugruppe von zehn Meter Länge und fast drei Meter Breite, in die das Bohrwerk systematisch die notwendigen Öffnungen auf den Zehntel Millimeter genau für die Montage eines Drehkranzes einarbeitet. „Jede Bohrung, jede Schweißnaht und jede Verstärkung muss in einem eng gesteckten Toleranzbereich liegen, denn es geht hier um gewaltige Lasten“, erklärt Erdmann. Auch wenn die Tragfähigkeit des „Multi Movers“ auf 380 Tonnen ausgelegt ist, muss die Masse so verteilt werden, dass kein Bauteil überlastet wird, insbesondere nicht die mit einer komplexen Antriebs- und Lenktechnik ausgestatteten Pendelachsen.

Spektakulär und alltäglich zugleich

Der Moment, in dem das fertige Fahrzeug auf dem Inbetriebnahmeplatz erstmals gestartet wird, ist ganz besonders: „Für mich ist das immer wieder ein faszinierendes Erlebnis, wenn so ein riesiges Fahrzeug endlich fertig ist“, so Erdmann. „Wir haben dieses Projekt schließlich monatelang begleitet, es Stück für Stück wachsen sehen und standen immer wieder vor neuen Herausforderungen.“ Die Aufträge sind für Kirow immer zugleich spektakulär und alltäglich. „Den individuellen Wünschen der Kunden gerecht zu werden, ist für uns die größte Herausforderung – und gleichzeitig das Schönste an unserem Job.“

BPW Pendelachsen

Pendelachsen können alle Unebenheiten der Fahrbahn über Pendelbewegungen in Längs- und Querrichtung des Fahrzeugs aufnehmen und sind somit für schwierigste Fahrbahnverhältnisse in unwegsamem Gelände geeignet. Im Fahrzeug werden jeweils zwei von ihnen als Achslinie nebeneinander angeordnet. Mit ihrer Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit, mit bauraumoptimierter Technik aus der Großserie und einer hohen Lebensdauer sind BPW Pendelachsen die wirtschaftlichste Lösung am Markt. Sie sind auf extreme Einsätze ausgelegt und kommen vor allem bei Tiefladern, Sonderfahrzeugen und Modulplattformen zum Einsatz. Zudem können sie besonders hohe Lasten aufnehmen. So sind die Produkte auch entsprechend dimensioniert: Das BPW Portfolio an Pendelachsen reicht von 6 Tonnen Achslast über die 9- bis 12-Tonnen-Serien bis zum extremen Schwerlastbereich. Ab 13 Tonnen bis hin zu 60 Tonnen Achslast bietet BPW kundenindividuelle Lösungen für besondere Industrieanwendungen an.

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1 Kommentar

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    die Firma Stahlbau-Nord von der HR Gruppe in Bremerhaven ist im Besitz von zwei Kirow / KSM 350 S vom Baujahr: 2007.
    Ich würde gerne ein Paar Mitarbeiter auf dieses Fahrzeug schulen lassen.
    Meine Frage ist , ob sie solche Kurse anbieten. Wenn ja , wo würden sie stattfinden und in welchen Umfang.
    Wenn sie diese Kurse Anbieten , bitte ich um eine Information mit einem Kostenvoranschlag .
    Vielen Dank im Voraus.

    Mfg. Peter Wellbrock

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