Text: Juliane Gringer
Fotos: TU Berlin, Shutterstock
PODCAST
Menschen ernähren sich bewusster – das hat Auswirkungen auf die Lebensmittellogistik. Julia Kleineidam, wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem von Professor Frank Straube geleiteten Fachgebiet Logistik an der Technischen Universität Berlin, berichtet im Interview, welche Herausforderungen und Perspektiven sie für die Branche sieht.
In Antwerpen, dem zweitgrößten Hafen Europas nach Rotterdam, stieg die Zahl der umgeschlagenen Kühlcontainer 2021 um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und zum zweiten Mal in Folge wurde die Marke von einer Million TEU an betriebsbereiten Kühlcontainern überschritten. Die Fachleute der Perishables Expertise Group erklären diese Entwicklung mit Food-Trends wie Veganismus: „Unsere Essgewohnheiten wirken sich positiv auf die Zahlen der Kühltransporte aus. Lebensmittelkisten mit frischen Produkten werden immer beliebter. Viele Menschen entscheiden sich bewusst für eine pflanzliche Ernährung und suchen nach einem größeren Angebot an Obst, Gemüse und Fleischersatzprodukten. Und das möglichst das ganze Jahr über.“
Lebensmittel bringen einfach bestimmte Voraussetzungen mit, die in puncto Flexibilität Anforderungen an die Logistik stellen. Und die braucht entsprechende Strukturen. Vor allem im operativen Bereich sehen wir sehr viel Flexibilität – nicht zuletzt, weil Technologien fortschreiten: Früher war es gang und gäbe, dass ich die Dinge, die ich zuerst ins Lagerhaus reingestellt habe, auch zuerst wieder rausnehme – „first in, first out“. Inzwischen gibt es Lösungen, die den Reifegrad von bestimmten Lebensmitteln erfassen können, und dann kann ich ihnen ein eigenes Haltbarkeitsdatum geben. Für die Logistik heißt das, dass bevorzugt die Waren entnommen werden sollten, die zuerst ablaufen werden – also „first expired, first out“. Diese Dynamik muss ich in meinen Prozess aufnehmen. Wenn sich die Anforderungen der Kundinnen und Kunden ändern, muss die Logistik eben darauf reagieren.



»Der Trend zu größerer Transparenz ist ein starker Motor für Veränderungen in den Transportketten der Lebensmittelogistik.«
Julia Kleineidam, wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachgebiet Logistik der Technischen Universität Berlin
Langfristig könnte autonomes Fahren den Transport vom Lager zum Verkaufsstandort oder die Zustellung zu den Kundinnen und Kunden stark verändern. Dann lassen sich vielleicht auch viel mehr Menschen die Einkäufe nach Hause liefern. Wir untersuchen das hier in Berlin in dem großen Forschungsprojekt BeIntelli. Da sehe ich einen Zeithorizont von mindestens zehn Jahren, und es wird spannend, welche Konzepte tatsächlich in die Umsetzung kommen können.