Gemeinsam zu mehr Erfolg

Edeka Südwest hat 50 Einheiten seiner 200 Lkw im Fuhrpark mit Telematik von idem telematics ausgestattet.

Lesezeit ca. 6 Minuten
Text: Doris Hülsbömer
Fotos: Reichenau-Gemüse – Rainer Maria Hohnhaus, Edeka Südwest

Mit guten Partnern, mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeitet, kann man nicht nur hohe Qualität liefern, sondern auch immer wieder neue Wege gehen. Als größter Verbund im deutschen Einzelhandel steht Edeka für eine gelebte Partnerschaft zwischen Groß- und Einzelhandel.

Woher kommen die Paprika, die wir im Supermarkt in den Einkaufswagen legen? Israel, Südfrankeich oder Spanien? Ja, viele stammen aus warmen Ländern. Aber längst nicht jedes Exemplar des beliebten Nachtschattengewächses, das hierzulande verkauft wird, ist so weit gereist: Seit einigen Jahren wachsen am Bodensee große Mengen Paprika. Genauer gesagt: 3,1 Millionen Stück pro Jahr. Das milde Klima im südlichsten Gemüseanbaugebiet Deutschlands reicht für einen ertragreichen Anbau aus.

Als die Edeka-Regionalgesellschaft Südwest im Jahr 2009 mit der Idee an die Reichenau-Gemüse eG herantrat, auf der Reichenau Paprika anzubauen, schlossen sich fünf Gärtner der Insel zusammen. Im Hegau am Bodensee errichteten sie ein großzügig angelegtes Gewächshaus. „Ohne diese Bündelung des Angebots gäbe es hier keinen Paprika-Anbau“, sagt Stefanie Glönkler, Junior-Chefin und Gärtnerin im Gartenbaubetrieb Glönkler. „Früher waren die Reichenauer Gemüsegärtner Einzelkämpfer.“

Nahezu alle Paprikaschoten, die zwischen März und November in der Reichenauer Gärtnersiedlung im Hegau geerntet werden, gehen an die Edeka-Regionalgesellschaft Südwest. Unter der Marke „Unsere Heimat – echt & gut“ fallen sie den Kunden gleich im Eingangsbereich der Lebensmittelmärkte ins Auge. In geflochtenen Körben und mit speziellen Aufstellern werden sie bewusst als regionales Produkt inszeniert. Der Großhandel steht den Märkten bei der Präsentation mit Ideen und Materialien zur Seite. Diese Kooperation ist Teil eines großen Ganzen: „Durch das genossenschaftliche Prinzip, das hinter dem Edeka-Verbund steht, arbeiten wir sehr intensiv mit den Kaufleuten zusammen“, sagt Martin Lampe, Betriebsleiter von Edeka Südwest in Ellhofen. Die Kaufleute bringen Eigenkapital ein und sind über ihre Anteile an der Genossenschaft beteiligt.

»Durch das genossenschaftliche Prinzip, das hinter dem Edeka-Verbund steht, arbeiten wir sehr intensiv mit den Kaufleuten zusammen.«

Martin Lampe, Betriebsleiter Edeka Südwest

In Ellhofen, einer Gemeinde nahe Heilbronn, befindet sich eines der fünf Logistikzentren von Edeka Südwest.

Mengenbündelung im Einkauf

Der Einkaufsverbund wurde bereits 1888 gegründet. Doch erst im Jahr 1911, also mehr als 20 Jahre später, beschlossen die Kaufleute, ihre Geschäfte fortan unter der gemeinsamen Marke Edeka zu führen. Der Zusammenschluss hatte zunächst einmal finanzielle Gründe: Die Kaufleute wollten durch Bündelung der Mengen im Einkauf bessere Preise erzielen. „Die Mengenbündelung im Einkauf ist natürlich noch immer eine der wesentlichen Aufgaben der Großhandlung“, sagt Lampe. Ein Großteil der Waren wird demnach über den zentralen Einkauf bestellt. Doch die Kaufleute sind nicht dazu verpflichtet, in einer bestimmten Größenordnung bei ihrer Regionalgesellschaft einzukaufen. „Sie sind als selbstständige Kaufleute in der Sortimentsgestaltung frei“, erklärt Lampe.

In den Regalen eines durchschnittlich großen Supermarktes sind rund 20.000 bis 25.000 Artikel zu finden. Zwischen 18.000 und 20.000 davon werden im Logistikzentrum Ellhofen für Edeka Südwest umgeschlagen, weitere Artikel beschaffen die Märkte über sogenannte Streckenlieferanten oder in Eigenregie. Da sich die regionalen Kaufleute auch als Partner ihrer Kunden verstehen, kaufen sie auch bei den lokalen landwirtschaftlichen Betrieben ein. „Gerade bei uns im schwäbisch-fränkischen Weinanbaugebiet bestellen viele Filialen Wein beim Winzer vor Ort“, beschreibt Lampe die Eigenständigkeit der Geschäftsleute. „Diese stark gelebte Regionalität können und wollen wir nicht zentral steuern.“

Auch Produzenten sollten kooperieren

Noch etwas zögerlich loten auch einige Lebensmittelproduzenten die Perspektiven einer Kooperation aus. Wenn sie ihre Transporte bündeln, zahlen sie weniger dafür. Doch wie geht man mit den Einsparungen um? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Dr. Franz Vallée von der Fachhochschule Münster. „Die Kooperationen leiden im Moment darunter, dass es noch kein Modell gibt, um die Einsparungen und den Aufwand, den die Partner haben, gerecht zu verteilen“, sagt Vallée. An seinem Lehrstuhl wird ein solches Modell entwickelt, das auf mehrere Stufen ausgelegt ist und mit Checklisten kombiniert wird. Der eine Produzent schickt nur eine Palette mit, ein anderer liefert 30 – wie lässt sich eine Mengenproportionalität sinnvoll auf die Partner umrechnen? „Voraussetzung dafür sind totale Transparenz und das volle Vertrauen aller Gruppenmitglieder untereinander“, so Vallée. Ein Zusammenschluss lohnt sich, erklärt der Wissenschaftler: Wenn der Lebensmittelhandel seine Transporte bündelt, reduziert er die Kosten, weil er seine Routen optimal planen kann. Einige Produzenten haben das bereits erkannt und sich zusammengetan. Seit 2004 setzen beispielsweise die drei Tiefkühlhersteller Roncadin, Coppenrath & Wiese und Appetito eine solche Kooperation um.

Der Gedanke von Partnerschaft und Kooperation wirkt heute in den Arbeitskreisen der Edeka-Regionalgesellschaften sehr intensiv: Kaufleute, Großhandel und Produzenten tauschen sich dort beispielsweise darüber aus, welche Produkte in das Sortiment einfließen, wie Mitarbeiterengpässe zu lösen sind oder wie die IT die Prozesse im Groß- und Einzelhandel am besten abbilden kann. „IT ist immer ein Thema“, erklärt Lampe. „Heute endet die elektronische Anbindung vielfach noch an der Rampe des Marktes. Das ändert sich zukünftig.“

Optimierung der Abläufe

„Oft kommt es zu Warteschlangen an der Rampe. Manche Logistikdienstleister haben allerdings Vereinbarungen geschlossen, wonach der Fahrer im Falle einer Verspätung in der Auslieferung nicht allein gelassen wird“, erklärt Carsten Knauer, Leiter Sektion Logistik/SCM und Referent Fachgruppen beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME). Eine längere Wartezeit falle somit nicht an. Knauer leitet beim BME den Arbeitskreis Einkauf von Frachten. Die BME-Fachgruppe sucht Wege, die Abläufe in der Transportkette besser ineinandergreifen zu lassen, sodass beide – Spediteur und Kunde – Kosten sparen. Knauer weist auf die Vertragsgestaltung hin: „Logistikdienstleister sollten sich intensiv mit den Unternehmen abstimmen, die sie beliefern.“

Dabei sollte Vertrauen Grundlage jeder Kooperation sein: „Ich muss auch Daten offenlegen. Dazu ist eine Grundlage nötig, auf der sich jeder sicher fühlt“, sagt Prof. Vallée. Wenn sich Produzenten zusammenschließen, können sie beispielsweise eine gemeinsame Disposition über einen Dritten festlegen. „Die Disposition muss nicht zwingend räumlich beim Produzenten bleiben“, führt der Logistikexperte aus. Das entlastet die Parteien auch hinsichtlich des sensiblen Themas Datenschutz. Schwierig kann dabei jedoch sein, dass so mancher Produzent dann seinen eigenen Disponenten nicht mehr braucht. Solche Punkte lassen sich nur über gemeinsame und offene Gesprächsrunden klären.

Zielkonflikte offen ansprechen

Die zahlreichen Arbeitskreise sind immer mit Mitgliedern aus dem Einzel- und Großhandel besetzt. Dabei können die Debatten auch schon mal kontrovers verlaufen, schließlich hat jeder Beteiligte eine eigene Sicht auf den Markt, die Region und seine Kunden. Aber: „Nur die Reibung bringt das richtige Ergebnis“, stellt Lampe heraus. Paprika von der Reichenauer Gärtnersiedlung im Hegau am Bodensee ist für den Kunden attraktiv. Doch wie hoch darf der Preis sein? Welche Mengen lassen sich absetzen? Der Großhandel zeichnet für das wirtschaftliche Ergebnis der Gruppe verantwortlich. „Dieser Zielkonflikt wird intensiv diskutiert“, beschreibt der Betriebsleiter die Gesprächskultur.

Neben Sortiment und Betriebsführung werden in den Gesprächen auch Pläne für die Zukunft erörtert. Dabei sind sich beide Seiten einig, dass der bisherige Weg mit Konzentration auf Regionalität und Frische der richtige ist. Herausforderungen gibt es gleichwohl: „Regional, bio, vegan – in diesen Bereichen wollen wir noch besser werden“, zeigt Lampe auf. Außerdem soll der Kunde im täglichen Einkauf und bei Fragen bezüglich der Lebensmittel stärker unterstützt werden. Der Großhandel bietet den Märkten deshalb an, Angestellte zu Ernährungsservice-Mitarbeitern auszubilden. Sie stehen den Kunden dann direkt im Markt mit Informationen und Tipps zu ausgewogener Ernährung, Bewegung und Entspannung zur Seite. Bei Edeka Südwest haben sich bereits mehr als 1.000 Mitarbeiter entsprechend qualifizieren lassen.

Auf der Reichenau drehen die Gemüsegärtner ihre Paprika alle 14 bis 18 Tage per Hand und sorgen so für eine gleichmäßige Reifung.

Ein frisches Angebot sicherstellen

Edeka Südwest hat 50 Einheiten seiner 200 Lkw im Fuhrpark mit Telematik von idem telematics ausgestattet. Diese überwacht die Temperatur in den Lkw, die Kühltransporte abwickeln. Die Daten rufen Martin Lampe und seine Kollegen online ab. „Bisher hatten wir nur Temperaturfühler, sodass wir nicht permanent auf die benötigten Informationen zugreifen konnten“, erklärt der Betriebsleiter. Das ist mit dem neuen System anders: Wenn die Temperatur im Lkw in den kritischen Bereich fällt, alarmiert die Technik den Fuhrparkdisponenten über dessen Handy. In vier Jahren sollen alle Fahrzeuge von Edeka Südwest mit der innovativen Technologie ausgestattet sein.

Eine weitere Telematik-Anwendung konnte den Kraftstoffverbrauch der Lkw-Flotte signifikant senken. Diese Lösung ermittelt den Fahrstil des Fahrers – wie er beschleunigt, bremst oder die Gänge schaltet – und bewertet die Fahrweise mit einer Note zwischen 0 und 10. Eine 10 zeigt optimales Fahrverhalten an. „Wir sind vor vier Jahren mit einer Durchschnittsnote von 6,5 gestartet und liegen heute bei 9,3“, erklärt der Betriebsleiter stolz.

Im nächsten Schritt will Lampe die beiden Telematik-Systeme verbinden, sodass alle Informationen in einem System gebündelt werden. Ein wichtiger Aspekt wird dabei die Anbindung der Telematik an die Rampe sein: „Wenn der Kaufmann sein eigenes System darauf eingestellt hat, kann er diese Daten automatisch in sein Warenwirtschaftssystem übernehmen“, beschreibt Lampe das geplante IT-Netzwerk. Denn bereits vor dem Transport in die Märkte werden die Daten per Scanner in das IT-System eingegeben und gehen damit auch direkt in die Datenbank des Edeka-Marktes über. Das bedeutet, dass sowohl der Großhandel als auch der Edeka-Markt vor Ort sofort mit derselben Datenbasis arbeiten können. Für die Paprikaschoten von der Reichenau heißt das: In naher Zukunft werden sie an der Rampe angenommen, ohne dass die Mitarbeiter manuelle Eingaben tätigen müssen.

Ganz ohne händische Arbeit geht es allerdings doch nicht – zumindest auf der Reichenau. Dort drehen die Gemüsegärtner ihre Paprika alle 14 bis 18 Tage per Hand und sorgen so für eine gleichmäßige Reifung. Nach der Ernte wird jede Schote einzeln in Transportkisten gelegt. Stefanie Glönkler, die Gartenbau studiert hat und sich mit modernen IT-Methoden in der Branche auskennt, glaubt nicht an eine Vollautomatisierung im Gemüsebau, weil letztlich ein wichtiger Faktor technisch nicht zu steuern ist: das Wetter. „Trotz der ganzen Technik sind wir im Gartenbau doch sehr von der Natur abhängig.“

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2 Kommentare

  1. Interessant, dass Edeka die Temperatur in den Lkw online überwachen kann. Das ist definitiv wichtig, insbesondere bei Kühltransport. Ich möchte einen Online Verkauf von Lebensmittel launchen und informiere mich zum Thema, um den Transport am besten zu koordinieren. Danke für den Beitrag!

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  2. Kern des Erfolgs der EDEKA Sudwest ist der selbstandige EDEKA-Kaufmann. Unsere regionale Verbundgruppe und die EDEKA Zentrale tragen mit zahlreichen Diensten entscheidend zur Wettbewerbsfahigkeit der selbstandigen Kaufleute der EDEKA Sudwest bei.

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