Digital Pioneer

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Text: Juliane Gringer, Michael Pfeiffer
Fotos: BPW

BPW ist ein „Digital Champion“: Michael Pfeiffer, persönlich haftender geschäftsführender Gesellschafter, erklärt im Interview, wo das Unternehmen in Sachen Digitalisierung steht – und welche Stärken es auf diesem Weg beweisen kann.

„Focus Money“ und „Deutschland Test“ haben BPW zu einem der „Digital Champions“ unter den deutschen Automobilzulieferern ernannt. Wie digital ist BPW bereits heute?
Auch wenn die klassischen Kernprodukte den größten Teil unseres Umsatzes ausmachen, sind wir auf allen Spielfeldern der Zukunft präsent und treiben dort die Innovationen unserer Branche voran. Wir sind überzeugt: Elektromobilität, autonomes Fahren und natürlich die Digitalisierung prägen ganz klar die Nutzfahrzeugbranche, derzeit und in den kommenden Jahren.

Wir sind bei diesen drei Megatrends strategisch sehr gut aufgestellt: Unsere elektrische Antriebsachse eTransport ist ein ausgezeichnetes Produkt für den innerstädtischen Verkehr im 7,5-Tonnen-Segment. Noch in diesem Jahr starten wir mit unserem Partner Paul Nutzfahrzeuge die serienmäßige Umrüstung von dieselbetriebenen Nutzfahrzeugen. Um den Anforderungen des autonomen Fahrens gerecht zu werden, statten wir unsere Produkte verstärkt mit Sensoren aus, die Informationen sowohl aus dem Fahrzeug als auch aus dem Frachtraum liefern. Dank unserer Tochtergesellschaft idem telematics werden unsere Komponenten intelligent, und im Innovation Lab, dem von uns gegründeten Think-Tank der BPW Gruppe, entwickeln wir in Zusammenarbeit mit SAP digitale Geschäftsmodelle, die vom Verlader ausgehen.

Welche industrielle oder technologische Entwicklung stellt BPW vor die größte Herausforderung?
Den wichtigsten Trend sehe ich in der Digitalisierung. Damit einher geht die zunehmende Globalisierung: In nahezu allen klassischen technologischen Branchen wird die heimische Industrie aus Fernost angegriffen. Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Partnern mit Hochdruck am Internet of Transport. Denn wenn wir nicht mehr in Produkten, sondern in vernetzten Systemen denken, sind wir weniger austauschbar. Eine Riesenchance sehen wir auch in der Elektrifizierung von Fahrzeugen, die unserer Überzeugung nach von der Nutzfahrzeugbranche entscheidend vorangetrieben wird. Die Energieabgabe für elektrische Antriebe lässt sich viel genauer steuern als beim Verbrennungsmotor, im digitalen Zeitalter sogar abhängig von anderen Informationen aus der Big Data Cloud, etwa Außentemperatur, Verkehrsdichte oder Beladungszustand. In Verbindung mit einer digitalen Fahrzeug- und Warensteuerung lässt sich hier die Transporteffizienz enorm erhöhen, und damit kann man Fahrten einsparen.
Welche Stärken hat BPW als mittelständisches Familienunternehmen in diesem Prozess?
BPW hat in 120 Jahren Firmengeschichte immer wieder Wandel gelebt und Neuheiten entwickelt. Damit das unter dem extrem hohen Tempo der Digitalisierung auch weiterhin gelingt, brauchen wir ein anderes Mindset sowie neue Arbeitsmethoden und Strukturen. Mit dem Innovation Lab haben wir eine Instanz im Unternehmen eingebaut, die die Veränderung beschleunigt: Dort untersuchen wir ganz praktisch, wie wir Digitalisierung nutzen können, um bestehende Geschäftsmodelle in neue zu überführen. Moderne Methoden wie agile Entwicklung oder Design Thinking geben diesem Prozess Struktur. Mit dem Innovation Lab erschließen wir uns die Möglichkeit, von innen heraus disruptiv zu sein oder zumindest Innovationen schneller auf den Markt zu bringen.
Wird sich Transport weiter verändern?
Wir verstehen Transport und Logistik als System. Sie bilden komplex verzahnte Wirkketten und Ökosysteme in einer Welt, in der alles mehr und mehr mit allem verbunden ist. Digitalisierung wird die Art, wie wir Transport organisieren, also grundlegend verändern – und so effizient machen wie nie zuvor. Daher müssen Unternehmen ihren Horizont erweitern.
Wie reagieren Sie darauf?
Wir vernetzen den kompletten Transport und verbinden ihn mit den vor- und nachgelagerten Prozessen beim Versender und Empfänger. Im Innovation Lab bringen wir alle an einen Tisch: Logistik- und Fahrzeugexperten ebenso wie ERP-Spezialisten und Softwareentwickler. So ist beispielsweise unsere neue Tracking-Lösung entstanden, mit der Verlader völlige Transparenz über den Standort der Ladung schaffen. Denn wer in der eng getakteten Produktions- und Logistikwelt Handlungsspielräume erweitern und so an Flexibilität gewinnen will, muss mehr über die Transporte wissen.
BPW entwickelt auch neue digitale Ideen für Wartung, Service und das Ersatzteilgeschäft. Wie sehen diese genau aus?
Wir arbeiten beispielsweise an verschiedenen Lösungen für eine möglichst einfache Abwicklung im Servicefall: So kann der Werkstattmeister den QR-Code am Fahrgestell scannen und sieht sofort, welche Ersatzteile er benötigt. Falls sie nicht vorrätig sind, löst er gleichzeitig die Bestellung aus. Zukünftig ist denkbar, dass sogar das Fahrzeug selbst schon während der Fahrt die benötigten Ersatzteile automatisch in die nächstgelegene Werkstatt bestellt. Bereits heute können unsere Handelspartner im Webshop unserer Tochtergesellschaft PE auf das gesamte Ersatzteilangebot aller Marken für Truck, Trailer und Bus zugreifen. Wir erproben aber auch die Einbindung von Entwicklungen wie dem Sprachassistenzsystem Alexa: Stellen Sie sich den Mechaniker mit ölverschmierten Händen vor, der per Sprachbefehl das Ersatzteil ordert. Solche Technologien nehmen dem Kunden lästige Zwischenschritte ab – das ist die Zukunft.
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