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Text: Juliane Gringer
Fotos: AdobeStock AA+W, StreetScooter GmbH
PODCAST
Deutschland solle sich nicht in lange Diskussionen über die Brennstoffzelle verstricken, sondern aktiv werden und diese alternative Antriebstechnologie schnell auf die Straße bringen – sonst verliere man ähnlich wie bei der Entwicklung der Elektromobilität wertvolle Zeit. Das mahnt Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker an. Er leitet den Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen und hat Streetscooter mitgegründet.
Prof. Achim Kampker: Definitiv ja. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, führt kein Weg an der Brennstoffzelle vorbei, insbesondere im Schwerlastverkehr. Wir sollten deshalb unbedingt schneller agieren, weniger diskutieren und zügig vorangehen. Denn wenn ich gedanklich zehn Jahre zurückgehe, habe ich eine Art Déjà-vu: Damals haben wir uns auch bei der Batterie gefragt, ob sie eine erfolgversprechende Technologie sei. Ich saß damals in vielen Gremien, in denen diskutiert wurde, ob sich die Investition in Elektromobilität lohnt. Und bevor alle offenen Fragen, etwa zur Ladeinfrastruktur, geklärt wären, wollten wir nicht aktiv werden. Das erinnert mich an den zögerlichen Umgang mit der Brennstoffzelle jetzt – den halte ich für falsch. Dazu kommt, dass die Technologien gegeneinander ausgespielt werden.
Diese Frage ist für mich der falsche Ansatz, denn die Technologien stehen nicht in Konkurrenz. Sie ergänzen einander und können gemeinsam alle Probleme lösen, vor denen wir in der Mobilität stehen. Die Batterie ist optimal für das urbane Umfeld und für leichtere Fahrzeuge, besonders in der Nachrüstung wie mit BPW eTransport. Auf längeren Strecken wird sie zumindest in den kommenden zehn Jahren noch kaum wirtschaftlich sein, danach aber könnten die Grenzen verschwimmen. Die Brennstoffzelle eignet sich dagegen für Größenordnungen ab 3,5 Tonnen und bei mehr als 250 Kilometer Tagesreichweite. Wenn ich jetzt einen Lkw umrüsten oder neu bauen wollte, würde ich immer eine Kombination aus einer etwas kleiner dimensionierten Batterie und einem Brennstoffzellen-Range-Extender nutzen.

»Der Brennstoffzellen-Truck ist mit Blick auf den Klimaschutz innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre notwendig – und dieser Zeithorizont ist meiner Meinung nach auch realistisch.«
Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker