BPW Active Reverse Control: Die Achse denkt und lenkt

Lesezeit: ca. 4 Minuten
Text: Oliver Schönfeld
Fotos: Pia Simon

Das Rangieren auf engen Bauernhöfen und ihren noch engeren Zufahrten ist eine Kunst für sich. Der Trailerspezialist Finkl hat mit Blick auf diese besonderen Anforderungen eine neue Fahrzeuggeneration für Tiertransporte entwickelt und setzt die Zusatzlenkung BPW Active Reverse Control ein. Kunden aus ganz Europa sind von den Vorteilen begeistert.

Mit den besonderen Anforderungen in der Entwicklung von Tiertransportern beschäftigen sich die Fahrzeugbauer der Josef Finkl KG aus dem bayerischen Bissingen seit über 40 Jahren – und haben so einen umfassenden Erfahrungsschatz aufgebaut, der aus Sicht der Kunden den entscheidenden Unterschied ausmacht. Schließlich kommt es bei den Spezialaufliegern ganz besonders auf Zuverlässigkeit und Langlebigkeit unter anspruchsvollen Einsatzbedingungen an. Zudem sind zahlreiche länderspezifische Vorgaben und Auflagen bezüglich des Tierschutzes zu beachten. Mit der Strategie der Spezialisierung hat sich Finkl europaweit einen Namen als Qualitätsanbieter gemacht.

Langlebigkeit und Zuverlässigkeit sind entscheidend

Seit Mitte der 1980er-Jahre setzt das Unternehmen auf Lösungen der BPW Bergische Achsen KG. „Heute verwenden wir nur noch Achssysteme von BPW“, unterstreicht Josef Finkl, Firmeninhaber in dritter Generation. „Die hohe Qualität, der sehr gute Service und die Reparaturfreundlichkeit der Achsen bestätigen uns in dieser Entscheidung.“ Gerade bei Tiertransportern, die oft 15 Jahre und länger im Einsatz sind, sind Langlebigkeit und Zuverlässigkeit entscheidende Kaufkriterien. Josef Finkl erläutert: „Eine Faustregel lautet, dass ein Auflieger in diesem Transportsegment so lange genutzt wird wie drei Zugmaschinen. An diesen hohen Qualitätserwartungen müssen sich unsere Kombi-Liner und Low-Liner messen.“

»Die Hilfslenkung bietet eine erhebliche Entlastung für den Fahrer.«

Josef Finkl, Inhaber und Geschäftsführer der Josef Finkl KG

Das Rangieren beim Rückwärtssetzen erleichtern

Gelenkte Auflieger gehören bei Finkl bereits seit vielen Jahren zum Fahrzeugprogramm. Schließlich ist der Platz auf Bauernhöfen und deren Zufahrten oft so begrenzt, dass das Rangieren beim Rückwärtssetzen jedes Mal zu einer Herausforderung wird. „Eine Hilfslenkung bietet da eine erhebliche Entlastung für den Fahrer“, erklärt Josef Finkl. In der Vergangenheit hat das Unternehmen vor allem mit mechanischen Stangenlenkungen gearbeitet. Das erleichtert zwar den Fahrbetrieb, ist aber dennoch nur ein Kompromiss – hoher Montageaufwand, hohes Gewicht und viel Servicebedarf im laufenden Betrieb sprechen gegen diese herkömmliche Lösung.

BPW Active Reverse Control: Die Hilfslenkung zum sicheren Rangieren

Umso schneller fiel bei Fahrzeugbau Finkl die Entscheidung, als einer der ersten Anwender mit der neuen Variante der BPW Active Reverse Control (ARC) zu arbeiten. Die Hilfslenkung in Kombination mit der Nachlauflenkachse ist neben der bekannten Ausführung für Standardachsen mit 22,5″-Singlebereifung, die auch beim Fahrzeugbauer Finkl eingesetzt wird, wird in Kürze auch für Tieflader mit 17,5″-Zwillingsbereifung mit SN 3020 Trommelbremse erhältlich sein. Mit einem Lenkwinkel von 12 bis 18 beziehungsweise bei Tiefladern bis zu 20 Grad erleichtert die Zusatzlenkung das Rangieren erheblich, und das bei einer besonders kompakten Bauweise. Mit der Serieneinführung von Tiefladerversion wird das Portfolio der Hilfslenkung bis 12 t Achslast erweitert.

Bessere Manövrierbarkeit bewährt sich

Die hohen Erwartungen bei Finkl hat die ARC vollauf erfüllt. Die ersten Kunden, die sich für die neue Aufliegergeneration entschieden haben, loben die verbesserte Manövrierbarkeit in engen Zufahrten und Höfen und freuen sich über mehr Effizienz im täglichen Fahrzeugbetrieb. Einen Gewinn an Effizienz bringt auch der kompakte und gleichzeitig gewichtssparende Aufbau der Zusatzlenkung. Dänemark etwa schreibt für Tiertransporter eine Mindesthöhe von 98 Zentimetern pro Etage vor. „Aufgrund der kompakten Maße der Zusatzlenkung im Vergleich zu einer Stangenlenkung erhöht sich die Transportkapazität deutlich“, erklärt Josef Finkl. Auch die einfache Montage nach dem Plug-and-play-Prinzip dank der ab Werk vorbereiteten Achsen sowie der voreingestellten Software hat die bayerischen Fahrzeugbauer überzeugt. Ein weiterer Vorteil: ARC ist nicht zulassungspflichtig. Da die Auflieger für die Tiertransporte über eigene Batterien verfügen, wird diese für die Steuerung des Lenksystems verwendet. Das macht die Energiezufuhr von der Zugmaschine überflüssig.

Schulung für die Fahrer

Die Transportunternehmen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, die bereits einen Finkl-Auflieger mit ARC im Einsatz haben, zeigen sich begeistert. Die Vorteile im täglichen Handling sprechen für sich. Lediglich das Rückwärtsrangieren mit Unterstützung erfordere etwas Eingewöhnung, räumt Josef Finkl ein. „Nach Möglichkeit schulen wir die Fahrer unserer Kunden meist direkt dazu, wenn sie die Auflieger bei uns abholen.“ Den Umgang mit der Zusatzlenkung und der Fernbedienung haben sie dann aber schnell im Griff. „Und anschließend sprechen die Vorteile, vom Zeitgewinn bis zum geringeren Reifenverschleiß, für sich.“

Fahrzeugbau seit über 80 Jahren

Leidenschaft für den Fahrzeugbau prägt die Firmenentwicklung bei Finkl seit über 80 Jahren. Der Großvater des heutigen Inhabers gründete im Jahr 1938 eine Huf- und Wagenschmiede im Markt Bissingen. Seit 1949 fertigt das Unternehmen am heutigen Standort am Bissinger Ortsrand. Mehrfach über die Jahrzehnte, zuletzt im Jahr 2006, wurden die Montagehallen und die Lackiererei erweitert. Heute sind 90 hochqualifizierte Mitarbeiter – von Fahrzeugbauern über Lackierern bis hin zu Technikern – am Hauptstandort des Unternehmens beschäftigt. 2007 kam eine zweite Produktionsstätte in Roggendorf nahe Schwerin mit derzeit 45 Mitarbeitern hinzu.

Spezialisierung als Erfolgskonzept

Nach den Anfängen mit der Fertigung von Ackerwagen und Pferdetransportern bildeten Ende der 1960er-Jahre Kippanhänger und Kippsattel für die Bauwirtschaft ein zweites Standbein. Ein besonderer Schwerpunkt dabei: die Fertigung von Spezialfahrzeugen für die umfangreichen Bautätigkeiten im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 in München. Mitte der 1980er-Jahre entschied sich das Unternehmen für den nächsten Schritt der Spezialisierung. Seitdem stehen allein die Entwicklung und der Bau von Fahrzeugen für den Tiertransport im Zentrum. „Wir kennen die Anforderungen unserer Kunden und finden Lösungen in strenger Übereinstimmung mit der Gesetzgebung, die dem Tierwohl einen hohen Stellenwert beimisst“, unterstreicht Inhaber Josef Finkl.
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